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Konfliktregion Syrien: Über den Umgang mit IS-Kämpfern und deren Familien

Belgien muss die Tochter eines IS-Kämpfers und deren Kinder zurück ins Land holen. Dies entschied ein Richter in Brüssel per einstweiliger Verfügung. Derweil wurden die Urteile gegen zwei IS-Frauen, die in Belgien vor Gericht standen, in Berufung bestätigt. Und der amerikanische Botschafter in Brüssel, Ronald Gidwitz, fordert unser Land und den Rest der EU ebenfalls dazu auf, die IS-Kämpfer und deren Angehörige zurückzuholen, um sie hier vor Gericht zu stellen. 

Seit dem Einmarsch türkischer Truppen ins kurdischen Gebiet an der Grenze im Bürgerkriegsland Syrien steht das Thema IS-Kämpfer aus Europa und der Umgang mit ihnen wieder überall auf der Tagesordnung. Viele dieser islamistischen Terroristen und deren Frauen und Kinder werden in von kurdischen Rebellen bewachten Lagern in der syrisch-türkischen Grenzregion festgehalten. Jeder will sie loswerden und keiner will sie haben.

Dass sich Politik, Justiz und Gesellschaft aber mit diesen Leuten auseinandersetzen sollte, machen die jüngsten Entwicklungen z.B. hier in Belgien deutlich. Schätzungen zufolge sollen etwa 55 IS-Kämpfer aus Belgien in den kurdischen Lagern sitzen und 69 Kinder. 29 Kinder von belgischen IS-Kämpfern wurden von den hiesigen Behörden nach Belgien gebracht. Dabei handelt es sich zumeist im Waisen, die bei Angehörigen, z.B. Großeltern, wohnen.

Einstweilige Verfügung

Eine 23 Jahre alte Frau aus Belgien, deren Vater in Syrien zuerst bei Al Quaeda und später beim IS war, und ihre beiden Kinder müssen aus Syrien zurück in unser Land gebracht werden. Dies entschied ein Richter in Brüssel mit einer einstweiligen Verfügung. 2015 war die junge Frau ihrem Vater nach Syrien gefolgt. Dort bekam sie ihre Kinder, deren Vater ebenfalls ein IS-Kämpfer war. Belgien hat laut Urteil für die Rückholaktion 75 Tage Zeit.

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Die junge Frau mit ihren beiden Kindern im Alter von einem und drei Jahren werden seit Februar 2018 im Lager Al-Roj in Syrien festgehalten. Sie fordert, nach Belgien zurückkehren zu können. Im Juni hatte unser Land sechs Kinder von IS-Kämpfern aufgrund eines ähnlichen Urteils repatriiert. Darauf berufen sich die Frau und deren Anwalt jetzt. Belgien müsse alles unternehmen, um dem Interesse der Kinder gerecht zu werden, so der Anwalt. Das Lager in Al-Roj wird derzeit von der kurdischen Rebellenbewegung SDF bewacht, liegt aber in dem Gebiet, in dem die Türkei das Sagen haben will, um eine Pufferzone gegen die syrischen Kurden einrichten zu können. 

Berufungsurteile

Ein Berufungsgericht Antwerpen hat zwei Witwen von IS-Kämpfern zu fünf Jahren Haft und zu einer Geldstrafe von 8.000 € verurteilt. Das ist die gleiche Strafe wie die, die das Strafgericht im März 2018 gegen die beiden Frauen ausgesprochen und im November 2018 bestätigt hatte. Die belgische Justiz hatte die beiden Frauen in Abwesenheit wegen Beteiligung an terroristischen Aktivitäten und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor Gericht gestellt und verurteilt.

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Seit Frühjahr 2017 werden sie eigentlich in einem kurdischen Lager in Syrien festgehalten, doch der belgischen Bundesstaatsanwaltschaft liegen  Informationen vor, dass die Frauen während der türkischen Offensive in Syrien aus dem Lager fliehen konnten. Nach Angaben ihres Anwalts halten sich die beiden Frauen in der Nähe der türkischen Grenze auf.

Auch aus diesem Grunde ordnete das Berufungsgericht die sofortige Festnahme der beiden an, sobald sie in Belgien ankommen oder in einem Land, das mit Belgien ein Kooperationsabkommen in Sachen Justiz hat. Die Verteidigung ermutigte die Justiz zu dieser Festnahme mit dem Wunsch, alles zu tun, damit sie ihre Strafe in Belgien verbüßen können.

Ein drängender US-Botschafter in Brüssel

Der amerikanische Botschafter in Brüssel, Ronald Gidwitz, hat eine deutliche Botschaft an die Europäer ausgesprochen: „Holt alle Syrienkämpfer und deren Frauen und Kinder so schnell wie möglich nach hier zurück, solange es noch möglich ist!“ Gidwitz lanciert hier eine Retourkutsche zurück an die EU, die kein Interesse an einer Mitarbeit im Rahmen einer internationalen Friedenstruppe in der Bürgerkriegsregion um Syrien hat.

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VRT-Kollege Jan Balliauw (Foto links) hatte Ronald Gidwitz (Foto rechts) interviewt und dies nutzte der Botschafter für seine deutlichen Worte: „Fast alle europäischen IS-Verdächtigen sitzen in einem der 18 Gefangenenlager in Syrien fest, doch wir wissen nicht, was morgen oder in den kommenden Wochen passieren wird.“ Die USA wären laut Gidwitz übrigens dazu bereit, solche Rückführungsaktionen logistisch zu unterstützen und der Botschafter bietet an, dass Justiz und Armee in den USA bei den Ermittlungen gegen die IS-Kämpfer helfen werden.

Für den US-Botschafter in Brüssel haben die Europäer nur zwei Möglichkeiten, wenn sie das Angebot nicht annehmen und keine davon sei akzeptabel: „Entweder, die IS-Verdächtigen können entkommen und versuchen selbst zurückzukommen, was ein Sicherheitsproblem darstellen wird, oder jemand in der Region beschließt, sie und ihre Familienmitglieder dort umzubringen.“  

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