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Tiefe Einschnitte bei Brussels Airlines: 1.000 Jobs, 10 Flugzeuge und 22 Flugziele werden gestrichen

Die Direktion der belgischen Fluggesellschaft Brussels Airlines hatte für diesen Dienstag zu einer außergewöhnlichen Betriebsratsversammlung eingeladen, die in den vergangenen Tagen mit Bangen und Spannung erwartet wurde. Die Befürchtungen bestätigten sich, denn Brussels Airlines teilte den Sozialpartnern und der Belegschaft gegenüber mit, dass insgesamt 1.000 Arbeitsplätze abgebaut werden müssen. Außerdem wird die Flugzeugflotte um 10 Maschinen verkleinert und das Netzwerk der 100 %igen Lufthansa-Tochter wird um 22 Flugziele geschrumpft.

Den Erwartungen entsprechend ist die unvermeidliche Umstrukturierung bei Brussels Airlines, eine Tochter der deutschen Lufthansa-Gruppe, eingetreten und sie fällt hart aus, wie die Direktion der Fluggesellschaft am Dienstag den Sozialpartnern im Rahmen einer außergewöhnlichen Betriebsratsversammlung mitteilte.

Brussels Airlines hat seit seiner Gründung und auch nicht nach der Übernahme durch die Lufthansa schwarze Zahlen eingeflogen und durch die Coronakrise wurde die wirtschaftliche Lage ungleich schwieriger. Im gesamten Luftfahrtsektor sind zehntausende Arbeitsplätze in Gefahr. BA musste reagieren und arbeitete in den vergangenen Wochen einen Businessplan aus, um der Lage zu entsprechen.

Wie sieht der Businessplan aus?

Von den insgesamt 4.200 Arbeitsplätzen bei Brussels Airlines werden rund 1.000 gestrichen. Ziel soll aber bleiben, 75 % der derzeitigen Jobs zu erhalten, wie aus der Betriebsratsversammlung verlautete. Hinzu kommt, dass die Flotte der Fluggesellschaft verkleinert werden soll. Das bedeutet wohl, dass 2 der 20 Langstreckenflugzeuge und 8 der 38 Maschinen für das innereuropäischen Flugnetz stillgelegt werden.

Nicht zuletzt muss das Flugnetz bei Brussels Airlines verkleinert werden. 2 der insgesamt 20 Fernflugziele werden in Zukunft auf Dauer ebenso wenig angeflogen, wie auch einige Bestimmungen in europäischen Angebot. Damit sinkt die Zahl der Destinationen aus dem Flugplan bei Brussels Airlines von 78 auf 56 Ziele.

Hilfe von Staat

Premierministerin Sophie Wilmès (MR) bedauerte den Umfang der Einschnitte bei der belgischen Fluggesellschaft. Sie trifft sich mit Bundesfinanzminister Alexander De Croo (Open VLD) und Bundesarbeitsministerin Nathalie Muylle (CD&V) sowie mit den Gewerkschaften bei Brussels Airlines zu Gesprächen darüber, wie jetzt vorgegangen werden soll. 

Brussels Airlines verhandelte seit einigen Wochen auch mit der belgischen Bundesregierung über eine Unterstützung. Diese Gespräche, bei denen es um einen Zuschuss um 290 Mio. Euro geht, verlaufen offenbar nach wie vor positiv, doch Gespräche zwischen der belgischen Regierung und der BA-Mutter Lufthansa bleiben schwierig.

Problem Lufthansa?

Belgien verlangt für den Rettungsanker für Brussels Airlines harte Garantien, denen gegenüber sich die Lufthansa-Group zögerlich aufstellt: Anteile an der SN Airholding, der Kuppel über Brussels Airlines, einen deutlichen Zukunftsplan für die Zeit nach der Coronakrise, die Einhaltung der vereinbarten Maßnahmen (nicht unbedingt eine Stärke bei der Lufthansa) und auch eigene Vertreter im Verwaltungsrat von BA.

Noch in dieser Woche soll Lufthansa-CEO Carsten Spohr zu Gesprächen mit Premierministerin Sophie Wilmès (MR) und Bundesfinanzminister Alexander De Croo (Open VLD) nach Brüssel kommen. Doch dieser Termin scheint auf wackligen Füßen zu stehen, wie VRT NWS-Luftfahrtspezialist Riadh Bahri bemerkt.   

Die Regierung verlangt ein deutliches Signal von Lufthansa

Premierministerin Wilmès nannte diese Umstrukturierung bei Brussels Airlines „eine schlechte Nachricht für die Arbeitnehmer“, denn diese stürze sie und ihre Familien „in einen Kontext, der ohnehin unsicher ist.“ Finanzminister De Croo will, dass Sozialverhandlungen jede mögliche Chance eingeräumt werden muss und dass die Zahl der effektiven Kündigungen so niedrig bleibt, wie nur möglich: „Wir unterstützen die Arbeitnehmer darin und werden dies den Verhandlungspartnern auch deutlich mitgeben.“

Die belgische Bundesregierung verlangt von der deutschen Lufthansa „ein deutliches Signal. Dabei darf es sich nicht einfach nur um ein Abbau-Szenarium handeln, es muss auch investiert werden.“ Für die Regierung in Belgien muss Lufthansa mit einem „glaubwürdigen Zukunftsplan“ aufwarten. 

"Direkte Entlassungen möglichst minimieren"

Am Dienstagabend folgten weitere Reaktionen auf die dramatischen Ereignisse bei Brussels Airlines. Finanzminister De Croo machte einmal mehr deutlich, dass er von Seiten der Lufthansa mehr Klarheit darüber verlangt, wie mit der Tochter-Fluggesellschaft Brussels Airlines weiterverfahren wird - auch nach der Coronakrise. De Croo will, dass direkte Entlassungen so weit wie möglich vermieden werden sollen. Deutlich ist aber auch, dass dies kein leichtes Unterfangen sein wird. Die belgische Regierung verlange von der Lufthansa Investitionen und Garantien (siehe oben), wiederholte der Finanzminister gegenüber VRT NWS.

BA-CEO Dieter Vranckx sagte in der VRT-Magazinsendung „Terzake“ („Zur Sache“), dass die Lufthansa an ihre belgische Tochter fest glaube und dass sie hinter dem Umstrukturierungsplan stehe, den die Direktion vorgestellt habe.

Inzwischen wurde bekannt, dass Brussels Airlines nur noch für die Dauer von zwei Wochen liquide sein soll. Die Unterstützung über 290 Mio. € von Seiten des belgischen Staates ist demnach dringender denn je… Von der Umstrukturierung sind alle Bereiche der Fluggesellschaft betroffen: Piloten, Kabinenpersonal, Techniker… Vermutlich werden die ersten, die ihre Kündigung erhalten werden, die Zeitarbeitskräfte sein, gefolgt von den jungen Leuten, die vielleicht gerade erst bei Brussels Airlines eingestiegen sind, erwartet VRT NWS-Luftfahrtspezialist Riadh Bahri.

Lufthansa lehnt ein Angebot der belgischen Regierung ab

Die Lufthansa hat inzwischen ein Hilfsangebot der belgischen Regierung zur Rettung ihrer belgischen Tochter abgelehnt, wie die frankophone belgische Tageszeitung La Libre Belgique am Mittwoch meldet. Die Regierung Wilmès hatte der Lufthansa eine staatliche Kapitalbeteiligung vorgeschlagen und im Gegenzug Garantien für die zukünftige Investitionen in den Standort Brüssel verlangt (siehe weiter oben). Dies aber lehnte die Lufthansa offenbar ab. 

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