Kinder und Jugendliche in Coronazeiten: "Seltsame, langweilige und einsame Periode"
Aus einer Umfrage des flämischen Kommissariats für Kinderrechte unter 44.000 Kindern und Jugendlichen ist ersichtlich, dass der Corona-Lockdown und die Schließung der Schulen einen sehr negativen Effekt auf deren Wohlergehen und Emotionen haben. Caroline Vrijens, die Kommissarin für Kinderrechte im belgischen Bundesland Flandern sagte dazu: „Es muss den Bedürfnissen von Kindern und jungen Leuten in den kommenden Monaten mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.“
Über 44.000 Kinder (von 8 bis 12 Jahren) und Jugendliche (von 12 bis 17 Jahren) hatten sich im Zeitraum zwischen dem 11. und dem 17. Mai an der Online-Umfrage des flämischen Kinderrechte-Kommissariats beteiligt und hatten Fragen zu ihrem Wohnergehen und zu den Problemen, die die Coronakrise mit sich bringen, beantwortet. Die an der Umfrage beteiligten Kinder- und Jugendverbände in Flandern wollen herausfinden, wo die Probleme der Kinder in diesen Tagen liegen und wo bei ihnen der Schuh an heftigsten drückt.
Dabei kam heraus, dass Corona das tägliche Leben von Kindern und Jugendlichen erheblich beeinflusst. Sie bezeichnen diese Gesundheitskrise mit all ihren Folgen als „be….ssen, dumm, langweilig und lästig“. Sie empfinden sie als eine „seltsame, langweilige und einsame Periode.“ Die flämische Jugend erwartet denn auch, dass diese Krise bald zu Ende ist. Die Kommissarin für Kinderrechte zitierte als Beispiel die Aussage eines 11 Jahre alten Mädchens: „Ich habe noch nie begriffen, wieviel Freiheit ich bis jetzt hatte. Ich kann es kaum erwarten, dass mein Leben wieder normal ist.“ Ein 8 Jahre alter Junge schrieb dazu: „Das ist eine seltsame Zeit, wie man nicht mehr vergisst.“
Ich habe noch nie begriffen, wieviel Freiheit ich bis jetzt hatte. Ich kann es kaum erwarten, dass mein Leben wieder normal ist.“
Viele Kinder und Jugendliche gaben auch zu verstehen, dass sie sich der Gefahr durch Covid-19 auch für die eigene Gesundheit durchaus bewusst sind. Etwa jeder dritte Jugendliche gab en, jemanden zu kennen, der infiziert war oder ist. Neben Sorgen um die eigene Gesundheit haben 2 von 3 Kids aber auch Angst um das Leben und Wohlergehen ihrer Familie und ihrer Freunde. Auch hier zeigt eine bestimmte Aussage die Gefühle der Kinder und Jugendlichen. Ein 12 Jahre altes Mädchen gab zu verstehen: „Ich habe viel Angst, denn ich glaube, dass man Corona nicht stoppen kann und dass dieser schwere Virus die Welt zerstören kann.“
Ich habe viel Angst, denn ich glaube, dass man Corona nicht stoppen kann und dass dieser schwere Virus die Welt zerstören kann.“
Die Coronamaßnahmen haben auf die Jugend in Flandern einen enormen Impakt, auch und gerade auf die Gefühlswelt und das Wohlergehen. Langeweile und Einsamkeit wirken verstörend und fast alle vermissten die Schule, ihre Freunde und andere Familienmitglieder, die nicht zum eigenen Haushalt gehören. Fehlende freie Zeit, die man draußen mit Freunden und in der Jugendgruppe (Sport, Pfadfinder…) erleben kann, machen die Lage der Kids nicht gerade einfacher.
Die größten Probleme erfahren Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren Familien z.B. in engen Wohnungen. Armut, die auch dafür sorgen kann, dass man dem digitalen Unterricht online nur schwerlich und auch nicht selten gar nicht folgen kann, tun ein übriges, wie auch Analysen außerhalb dieser Studie belegen. Gefährdete Kinder und Jugendliche haben dort oft keinen Ausweg vor Gewalt, auch sexueller Art.
Ich habe viel Stress mit der Schularbeit zuhause. Und nichts, worauf man sich freuen kann: Keine Jugendbewegung, kein Sport, keine Schule, keine Freunde.“
71% der Kinder und 45 % der Jugendlichen in Flandern vermissen die Schule und den sozialen Kontakt, den sie dort mit ihrem Freundeskreis haben. Über 70 % der 44.000 Kinder, die diese Umfrage ausgefüllt haben, wollen am liebsten sofort wieder in die Schule gehen. Für viele unter ihnen sorgt der Unterricht zu Hause für enorme Herausforderungen, wie auch ein 14 Jahre alter Junge angibt: „Ich habe viel Stress mit der Schularbeit zuhause. Und nichts, worauf man sich freuen kann: Keine Jugendbewegung, kein Sport, keine Schule, keine Freunde.“
Das beweist, so Kinderrechte-Kommissarin Caroline Vrijens, wie entscheidend die Rolle der Schule bei Kindern und Jugendlichen sein kann und ist: „Die Schule ist nicht nur ein Ort, an dem die Kinder lernen, sondern sie ist auch ein Ort, wo sie soziale Kontakte haben, wo sie sich erholen können, wo sie Unterstützung finden. Die Schule ist sowohl für Kinder, als auch für Jugendliche ein sehr wichtiger Platz.“
Die Schule ist nicht nur ein Ort, an dem die Kinder lernen, sondern sie ist auch ein Ort, wo sie soziale Kontakte haben, wo sie sich erholen können, wo sie Unterstützung finden. Die Schule ist sowohl für Kinder, als auch für Jugendliche ein sehr wichtiger Platz.“
Dass die Kinder und Jugendlichen derzeit durch Corona kein Recht auf Spielen und Freizeit haben, wirkt sich mitunter verstörend aus. Die Hälfte aller Kinder in Flandern spielt nur mit den eigenen Geschwistern und jedes 5. Kind ist Einzelkind und muss seine Freizeit alleine verbringen. Caroline Vrijens pocht denn auch auf das Recht von Kindern und Jugendlichen, Freizeit gemeinsam mit anderen auch außerhalb der eigenen Wohnung verbringen zu können: „Spielen ist für sie genauso fundamental, wie Sport treiben, sich Bewegen und entspannen, wie für Erwachsene. Es muss den Bedürfnissen von Kindern und jungen Leuten in den kommenden Monaten mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.“