Spannende Orte: Baarle Hertog/Nassau - Wo ist denn hier die Grenze?
Baarle ist ein Ort auf der Grenze zwischen den Niederlanden und Belgien mit rund 10.000 Einwohnern. Er liegt etwa 15 km südlich von Tilburg in der niederländischen Provinz Nordbrabant und besteht aus der niederländischen Gemeinde Baarle-Nassau und der zur Provinz Antwerpen im belgischen Bundesland Flandern gehörenden Gemeinde Baarle-Hertog. Baarle ist durch einen komplizierten Grenzverlauf zwischen den Niederlanden und Belgien, der sogar quer durch Straßen und einzelne Anwesen verläuft, bekannt.
Ein Großteil der belgischen Gemeinde Baarle-Hertog liegt als Exklave von niederländischem Gebiet umgeben quasi innerhalb der niederländischen Gemeinde Baarle-Nassau und bildet mit dieser gemeinsam den Ort Baarle. Baarle-Hertog stellt ebenfalls keine zusammenhängende Exklave dar. Die Gemeinde besteht aus 22 Teilen, von denen 16 im Ort Baarle selbst und 6 in der näheren Umgebung liegen. In 2 der zu Baarle-Hertog gehörenden Exklaven liegen wiederum insgesamt 7 niederländische Exklaven von Baarle-Nassau.
Alles doppelt gemoppelt
Aufgrund dieser besonderen Situation gibt es in Baarle nicht nur zwei Staatsangehörigkeiten, sondern auch zwei Gemeindehäuser, zwei Bürgermeister, zwei Gemeinderäte, zwei Kirchen, zwei Postämter, zwei Polizeiwachen, zwei Feuerwehren, zwei Elektrizitätsnetze, zwei Telefonnetze…..
Die Einwohner von Baarle Nassau und Hertog haben es immer verstanden, von dieser Sonderstellung zu profitieren. Zudem sorgt ein interessantes und ein von kulturellen Traditionen beider Länder geprägtes Ambiente für eine besondere Atmosphäre. Baarle wurde insbesondere durch die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr zu einer wohlhabenden Gemeinde bzw. zu zwei wohlhabenden Gemeinden.
Corona?
Man kann sich vorstellen, dass diese Gemeindeform während des Höhepunkts der Coronakrise mit geschlossenen Grenzen zwischen Belgien und den Niederlanden für absurde Situationen geführt hat, die sich so heutzutage wohl niemand hätte vorstellen können.
Der Ursprung für dieses komplizierten Gemeindegeflechts liegt schon im 12. Jahrhundert und ist auf einen Machtkampf um Lehensrechte von damals verfeindeten Adelsgeschlechtern zurückzuführen. Zum ersten Mal taucht der Name Baarle 992 in der Geschichte auf, als die Gräfin Hilsondis ihre Besitztümer im „Land van Strijen“, zu dem Baarle gehörte, der Abtei von Thorn in Limburg vermachte.
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Traktate, der Westfälische Frieden und Grenzkommissionen
Was danach auf historischer Ebene geschah und zur heutigen „Zweistaatensituation“ führte, ist nur schwer nachzuvollziehen. Nur so viel: Am Ende des 80-jährigen Krieges gab es bei der Unterzeichnung des Westfälischen Friedens in Münster im Jahr 1658 Probleme mit Baarle.
In Münster wurde die Grenze zwischen den Nördlichen und den Südlichen Niederlanden gezogen und diese Grenze verlief quer durch das Herzogtum von Brabant. Hierdurch wurde Baarle-Hertog, das zur Baronie von Turnhout gehörte, den Südlichen Niederlanden zugesprochen und Baarle-Nassau als Teil der Baronie von Breda den Nördlichen Niederlanden. Auf diesem Wege erhielten die verschiedenen Enklaven zum ersten Mal ihren internationalen Charakter.
Neue Grenze zwischen den Niederlanden und Belgien
Mit dem Traktat von Maastricht wurde 1843 dann die Grenze zwischen den Niederlanden und dem „neuen“ Königreich Belgien festgelegt. Dabei erschien es (jetzt wird es lustig) schwierig, eine genaue Grenze zwischen dem Grenzpfahl 214 in Poppel und dem Grenzpfahl 215 in Meerle zu ziehen. Im Traktat von Maastricht wurde daraufhin die Nationalität einer jeden einzelnen Parzelle in Baarle angegeben.
Erst 1974 gelang es einer zweiten internationalen Grenzkommission, die Löcher zwischen den beiden Ländern „zu stopfen“ und es dauerte letztendlich bis zum Jahr 1995, bis diese Grenzen zwischen den Enklaven offiziell als Landesgrenzen anzuerkennen. Das geschah über Landmessungen, die eine dritte Grenzkommission durchführen ließ.