Spannende Orte: Der mystische Friedhof Dieweg in Ukkel
Der Friedhof Dieweg in der Brüsseler Gemeinde Ukkel ist ein mystischer Ort, den sich die Natur seit einiger Zeit zurückerobert. Der Friedhof entstand während der Cholera-Epidemie 1866, als die anderen Brüsseler Friedhöfe an ihre Grenzen stießen. Und Tim & Struppi-Fans sei an dieser Stelle mitgeteilt, dass hier auch der Comiczeichner Georges Remi, alias Hergé, sein Grab hat…
Der Friedhof Dieweg liegt fast im Zentrum von Ukkel. Dort, wo Gras und (Un-)Kraut die Wege und die Gräber überwuchern, ist in den letzten Jahren ein magischer Ort entstanden. Hier liegen nicht nur zahlreiche Brüsseler, die die Cholera-Epidemie 1866 nicht überlebt haben. Hier zeigen sich auch Hinweise auf Wohlstand und Reichtum.
Gräber, die manchmal so groß wie Kapellen oder Dorfkirchen sind, erzählen Geschichten von Adeligen, von Mitgliedern der Bourgeoisie und von erfolgreichen Unternehmern, die hier ihre letzte Ruhestätte fanden. Bis zuletzt hieß es auch hier: „sehen und gesehen werden.“ Einige der Gräber hat sogar der belgische Jugendstil-Architekt Victor Horta entworfen…
Seit 1997 steht der Friedhof Dieweg in Ukkel unter Denkmal- und unter Landschaftsschutz und doch (oder gerade deswegen) darf sich die Natur hier wieder fast ungebremst ausbreiten. Unkraut, Efeu und andere Sträucher scheinen viele der Gräber regelrecht zu schlucken. Nur die Hauptwege auf dem Friedhof werden von der Gemeinde freigehalten.
Die Gräber müssen von den Familien der Verstorbenen unterhalten werden. Doch in den meisten Fällen gibt es keine Nachkommen mehr und die Tatsache, dass der Friedhof an sich schon 1958 mehr oder weniger aufgegeben wurde - auch wenn hier noch bis Ende der 1980er Jahre Menschen beerdigt wurden, lässt der Natur ihren freien Lauf. Hier hat auch die jüdische Gemeinschaft von Brüssel viele Verstorbene beerdigt. Hergé wurde hier übrigens erst 1987 beerdigt… Unter denen, die hier beerdigt wurden, sind auch der Architekt Paul Hankar und der Geiger Philipp Hirshhorn.
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Der Friedhof ist auch auf eine andere Weise einmalig. Die Form der Landschaft, in der er liegt, verändert sich alle paar Meter. Mal ist er eine freie Fläche, mal ein dichter Wald mit überwucherten kleinen Wegen. Und immer wieder entdeckt man hier fast völlig von Efeu überwucherte Gräber oder Sarkophage. In den kleinen Wäldchen sind selbst Zedern zu entdecken. Und, hier sind Nester von sogenannten „Efeu-Bienen“ entdeckt worden. Das ist eine sehr seltene Bienenart.
Der Ort ist mehr als nur mystisch oder romantisch. Er sorgt für Kreativität und inspiriert Dichter, Maler, Zeichner, Fotografen, Bildhauer und solche Zeitgenossen, die sich ganz einfach mal nur in ihren Gedanken verlieren und träumen wollen. Na ja, vielleicht lässt sich hier auch der eine oder andere Thriller- oder Horror-Schriftsteller auf Ideen bringen…
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Dieser Friedhof ist so etwas wie ein Naturmuseum für die Toten. Manche Gräber sind von der um sich greifenden Natur regelrecht aufgebrochen worden und andere gaben der Zeit und den Naturgewalten nach und brachen in sich zusammen. Aber, keine Angst, Skelette oder menschliche Knochen findet man hier nicht…
Dafür aber Gräber, die wie gotische Kapellen aussehen oder Grabkammern mit Türmchen und Glasfenstern, riesige Kreuze und Christusstatuen, traurigen Putten und Brunnen oder Wasserspiele, die längst ausgetrocknet sind. Der Friedhof Dieweg in Ukkel ist im Grunde eine umfassende Erinnerung an das 19. Jahrhundert in Brüssel mit kleinen Referenzen an das 20. Jahrhundert.
Info: Friedhof Dieweg, Dieweg 95, 1180 Ukkel. Geöffnet täglich von 8 Uhr 30 bis 16 Uhr außer sonntags. Der Friedhof ist mit Bussen und mit den Tramlinien 92 und 97 zu erreichen (Haltestelle Dieweg). Nicht weit entfernt, quasi gegenüber, ist auch der Park von Wolvendael zu finden. Und wer vom Bahnhof Ukkel Kalevoet den Dieweg auf dem Weg zum Friedhof entlang wandert, der kommt an der von Henry van de Velde entworfenen Villa Bloemenwerf vorbei. Ebenfalls nicht weit entfernt ist das Königliche Meteorologische Institut KMI, die traditionsreiche belgische Referenz-Wetterwarte (Foto unten).