Vor-Regierungsbildner Lachaert aus Quarantäne: Physische Verhandlungen dürfen wieder starten
Nachdem vor 14 Tagen bekannt wurde, dass Egbert Lachaert (Open VLD) sich mit Corona angesteckt hatte, wurden alle physischen Verhandlungen zwischen den sieben Parteien auf Eis gelegt. Die liberalen (Open VLD und MR), die grünen (Groen und Ecolo) und die sozialistischen Parteien (sp.a und PS) sowie die flämischen Christdemokraten redeten nur noch per Videoschaltung miteinander, um die gewünschte Vivaldi-Regierung auf die Beine zu stellen.
Eigentlich sollte die Regierungszeit der liberalen Premierministerin Sophie Wilmès (MR) am 17. September abgelaufen sein. Heute wäre ihr die Vertrauensfrage im Parlament gestellt worden. Wegen der Corona-Erkrankung von Vor-Regierungsbildner Egbert Lachaert und seiner zweiwöchigen Quarantäne wird diese Vertrauensfrage aber nicht gestellt und geht Wilmès in die Verlängerung.
Auf der ersten Plenarsitzung des Parlaments haben die Parteien, die sich möglicherweise in der Opposition befinden werden, heftig gegen diese Vorgehensweise protestiert. Der Fraktionsvorsitzende der N-VA, Peter De Roover, und Vlaams Belang hatten eine Vertrauensabstimmung über die Regierung Wilmès gefordert.
Die Parteien der Vivaldi-Koalition haben sich zum Ziel gesetzt, bis zum 1. Oktober eine neue Regierung zu bilden.
Dass die physischen Verhandlungen am 18. September wieder starten dürfen, liegt auch daran, dass alle anderen Parteivorsitzenden und ihre Unterhändler ebenfalls negativ getestet worden sind.
Hürden und Hindernisse
Sollten die sieben Parteien sich in wichtigen Punkten einig werden, könnte der König am Montag einen Regierungsbildner anstellen, der meistens dann auch das Amt des nächsten Premierministers wahrnimmt.
Bis dahin haben die Parteien nur noch wenige Tage, um sich in die Augen zu schauen und die Hürden und Hindernisse für ein Regierungsabkommen – ohne die flämischen Nationalisten der N-VA, der stimmenmäßig größten Partei – aus der Welt zu schaffen.
Zu den heiklen Themen gehören die hohe Staatsverschuldung, die sich wegen der Corona-Krise noch verschärft hat, der Ausstieg aus der Atomenergie und die Finanzierung der Renten.
Auch über die Modernisierung der Justiz und die Neufinanzierung des Gesundheitswesens müssen die Parteien sich einig werden.
Während die Vivaldi-Koalition insbesondere von den Grünen, Liberalen und Sozialisten befürwortet wird, kommt vom rechten Flügel der flämischen Christdemokraten immer wieder Gegenwind. Die CD&V will auf keinen Fall, dass bestimmte an die Länder übertragene Kompetenzen wieder an den Bund gehen und dass das Abtreibungsgesetz gelockert wird.