Grünes Licht für Reform der Erbschaft- und Schenkungssteuer in Flandern
Die flämische Regierung hat grünes Licht für eine Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer gegeben. Ab Juli 2021 wird sich die Steuer für Wohltätigkeitsorganisationen ändern, und auch das so genannten Freundschaftserbe wird eingeführt.
„Auf der einen Seite senken wir die Steuersätze für die Vererbung oder Spenden an Wohltätigkeitsorganisationen auf null Prozent", erklärt Flanderns Finanzminister Matthias Diependaele (N-VA). "Auf der anderen Seite machen wir es steuerlich interessanter, besten Freunden ein Erbe zu hinterlassen. Wir tun dies, indem wir den Satz für die ersten 15.000 Euro von 25 Prozent auf 3 Prozent senken". Das neue System wird am 1. Juli 2021 in Kraft treten.
Die flämische Regierung hatte sich während der Koalitionsverhandlungen vergangenes Jahr für eine weitere Reform der Erbschaftssteuer entschieden. So wurde beispielsweise die Einführung des "Freundschaftserbes" im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Darüber hinaus wollte die Regierung es attraktiver machen, Wohltätigkeitsorganisationen etwas zu vererben oder zu spenden.
Heute gilt für Spenden an Wohltätigkeitsorganisationen ein Steuersatz von 5,5%. Im Falle einer Erbschaft beträgt die Quote 8,5 Prozent. In beiden Fällen wird der Satz im nächsten Jahr auf 0 Prozent gesenkt.
Steuerrechtliche Folgen
Gleichzeitig schließt sich eine Steuerschlupfloch. Denn das Vermächtnis an eine Wohltätigkeitsorganisation wird oft dazu benutzt, Steuern zu umgehen. Im Falle einer Erbschaft an Familienmitglieder in Verbindung mit einem guten Zweck haben diese Familienmitglieder netto mehr übrig, als wenn nur sie geerbt hätten.
Diese Möglichkeit wird abgeschafft. „Dieses System war zu einer Technik missbraucht worden, um die Erbschaftssteuer zu reduzieren", sagt Minister Diependaele. "Die Spende an die Wohltätigkeitsorganisation diente oft nur dazu, die Erbschaftssteuer für die entfernte Familie oder einen guten Freund so weit wie möglich zu begrenzen. Das widerspricht dem Geist des Systems".
Darüber hinaus ermöglichte die Regierung auch ein so genanntes "Freundschaftserbe". "Wir machen es möglich, einen Teil des Erbes einem 'besten Freund' mit einem Steuersatz von 3 Prozent statt bisher 25 Prozent zu hinterlassen. Diese Steuerermäßigung gilt für die erste Rate von 15.000 Euro. Der maximale Nettovorteil beträgt 3.300 Euro", erklärt Minister Diependaele.
Konsequenzen für Wohltätigkeitsorganisationen
Es bleibt abzuwarten, welche finanziellen Folgen dies für die Wohltätigkeitsorganisationen haben wird. Einerseits werden sie keine Erbschaftssteuern mehr zahlen müssen, aber andererseits ist es möglich, dass viel weniger Menschen eine Erbschaft über die Wohltätigkeitsorganisation arrangieren werden, weil der Steuervorteil für entfernte Familienangehörige verschwindet.
"Unsere Reaktion ist doppelt", sagt Philippe Vandekerckhove vom Roten Kreuz - Flandern. "Es gab einen Missbrauch des Systems, daher verstehen wir die Abschaffung. Wir sind natürlich ein wenig besorgt über unsere Einkünfte, die verschwinden könnten. Deshalb begrüßen wir es, dass neben den Vermächtnissen bald auch Spenden steuerfrei sein werden".
Die flämische Krebshilfe ‚Kom op tegen Kanker‘ (dt.: Engagier Dich gegen Krebs) lobt das Verschwinden eines Systems, das missbraucht wurde. Die Organisation sieht neue Möglichkeiten für Wohltätigkeitsorganisationen. "Die Wohltätigkeitsorganisation wird nicht länger das Anhängsel eines persönlichen Zusatznutzens sein, sondern ein Ziel an sich", so die Krebshilfe.
Die Tierrechtsorganisation Gaia zeigt sich ebenfalls mit dieser Entscheidung zufrieden. In bestimmten Jahren erhält die Organisation die Hälfte ihrer Ressourcen aus Erbschaften. "Die Differenz zwischen 8,5 Prozent und null Prozent Erbschaftssteuer ist daher für uns mehr als günstig", sagt Direktorin Ann De Greef.