Die beiden Regierungsbildner Paul Magnette und Alexander De Croo

Regerungsbildung: "Vivaldi" ringt um den  Haushalt

Die beiden Regierungsbildner Paul Magnette (PS) und Alexander De Croo (Open VLD) sind gegen 18 Uhr am Montagabend ohne fertiges Abkommen zur möglichen Koalition bei König Philippe angekommen (Foto unten). Die Verhandlungspartner der 7 Parteien haben den Bereich Haushalt noch nicht abgerundet. Doch dieser Haushalt ist das Kernstück des Abkommens. König Philippe gibt Magnette und De Croo noch etwas Zeit, ihren Auftrag abzurunden und ihm so schnell wie möglich wieder Bericht zu erstatten. Seit dem frühen Dienstagmorgen sitzen die Parteien wieder zusammen.

Die 7 Parteien, die die sogenannte „Vivaldi“-Regierung bilden sollen (MR und Open VLD - Liberale, SP.A und PS - Sozialisten, Groen und Ecolo - Grüne sowie die flämischen Christdemokraten CD&V) saßen seit 10 Uhr am Sonntagmorgen zusammen, haben quasi die Nacht durchgearbeitet und haben sich im Laufe des Monats nach einer kurzen Pause wieder getroffen.

Die Tatsache, dass der Haushalt für die neue belgische Bundesregierung noch nicht steht, deutete darauf hin, dass noch eine weitere Nacht verhandelt wird. Die Zeit drängt, denn die Deadline sieht vor, dass es am kommenden Donnerstag zu einer Regierungserklärung kommt und dass die neue Koalition an die Arbeit gehen kann. Das sieht ofenbar auch König Philippe so, der den beiden Regierungsbildnern noch etwas Zeit gibt. 

Jetzt muss dafür gesorgt werden, dass der Haushalt steht, damit das Abkommen unterzeichnet werden kann. Dann müssen Parteikongresse dem Ganzen noch zustimmen und die Ministerposten müssen noch verteilt werden. Alle Beteiligten ließen in den vergangenen Stunden durchblicken, dass sie gewillt sind, zum Ziel zu kommen.

Dazu müssen aber noch wichtige Details geklärt werden: Mindestrente von 1.500 Euro? Brutto oder Netto? Was kostet ein Wachstum der Finanzierung der Krankenversicherung um jährlich 2,5 %? Kernkraftwerke durch Gaskraftwerke ersetzen? Was kostet das? Keine neuen Steuern? Wo sollen alternative Einnahmen herkommen? Wie können die finanziellen Verluste der Coronakrise kompensiert werden?  

Der laufende Haushalt 2020 weist ein Minus von 33,4 Mia. € auf und der für das kommende Jahr schon jetzt 24 Mia. €. Nach Informationen von VRT-Politikjournalist Johny Vansevenant stehen quasi lediglich 4 Mia. € für Neuerungen zur Verfügung. Das bedeutet, dass die Wünsche und Vorstellungen der einzelnen Koalitionspartner nicht 1:1 durchsetzbar sind und dass jeder Wasser in seinen Wein schenken muss.

Wie sieht nach aktuellem Stand der Dinge das Timing aus?

Bis Mittwochvormittag muss das Koalitionsabkommen stehen. Am Mittwochabend müssen die Parteikongresse dem Abkommen zustimmen. Am Donnerstag, den 1. Oktober, soll die neue Regierung dann vereidigt werden und der neue Premierminister hält die Regierungserklärung. Am Freitag sollen die Abgeordneten in der Ersten Kammer des belgischen Bundesparlaments über diese Regierungserklärung debattieren. Und schlussendlich soll die neue Regierung am Samstag im Parlament die Vertrauensfrage stellen.

Dass der Atomausstieg bis 2025 vollzogen wird oder werden kann, steht offenbar noch nicht fest. Die belgischen Wirtschaftsblätter De Tijd und L’Echo meldeten in ihren Dienstagsausgabes dazu, dass die neue Regierungs-Koalition eine dahingehende Entscheidung erst im November 2021 treffen wolle. Bis dahin werden zunächst geklärt, ob und wie die Versorgungssicherheit und die Strompreise nach einer Energiewende unter Kontrolle zu bringen sind. Die „Vivaldi“-Koalition will sich offenbar eine Art Notfallreserve vorbehalten und das könnte eine Laufzeitverlängerung der beiden jüngsten Reaktoren Doel 4 und Tihange 3 sein. 

König Philippe gab den Regierungsbildnern am Montagabend noch etwas Zeit

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