Strengere Maßnahmen in Brüssel und in der Wallonie - Und in Flandern?
In der Wallonie inklusive der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien und in der Region Brüssel-Hauptstadt gelten schärfere und strengere Corona-Maßnahmen als auf gesamtbelgischer Bundesebene. Nur in Flandern wurden bisher keine strengeren Regelungen verordnet. Experten halten dies für keine gute Sache. Der flämische Virologe Marc Van Ranst von der Uni Löwen (KU Leuven) ist der Ansicht, dass Flandern den anderen Regionen im Land folgen sollte. Doch Ministerpräsident Jan Jambon (N-VA) will zuerst die Effekte der erst vor einigen Tagen auf belgischer Bundesebene getroffenen Maßnahmen abwarten.
Auch in Flandern sind strengere Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Epidemie nötig. Das glaubt der Virologe Marc Van Ranst und er ist nicht der einzige.
In der Wallonie, in der DG und in der Brüsseler Region gilt eine nächtliche Ausgangssperre von 22 Uhr am Abend bis 6 Uhr am Morgen. Flandern hält sich bisher lediglich an die Vorgaben der belgischen Bundesregierung, nach der diese Ausgangssperre von Mitternacht bis 5 Uhr in der Frühe gilt.
Van Ranst glaubt, dass sich Flandern den Entscheidungen der anderen Länder und Regionen anschließen müsse: „Man wird alles daran setzen, das Wort ‚Lockdown‘ zu vermeiden, auch wenn die Maßnahmen in Brüssel dem sehr nahe kommen. Die Lage in Flandern ist sicher nicht die beste und strengere Maßnahmen drängen sich auch hier auf, um die Situation unter Kontrolle zu bekommen.“
Schauen wir auf Belgien, dann ist nur noch Tschechien schlechter dran. Und Tschechien ist in eine Art Lockdown gegangen.“
Würde man Flandern als Land ansehen, dann käme man mit den hier aktuellen Coronawerten im Vergleich mit den anderen EU-Ländern auf den 3. oder 4. Platz:
„Das kann man mit Sicherheit nicht gut nennen. Schauen wir auf Belgien, dann ist nur noch Tschechien schlechter dran. Und Tschechien ist in eine Art Lockdown gegangen.“
Vor allem die Virologen in Belgien drängen schon länger darauf, strengere Maßnahmen zu ergreifen und dabei scheuen sie das Wort ‚Lockdown‘ auch nicht, auch und gerade nicht Marc Van Ranst:
„Das ist inzwischen ein Wort geworden, das die Leute verstehen. Doch die Politiker sind nicht dazu geneigt, diesen Ausdruck zu gebrauchen. Ich glaube, dass sie alles daransetzen werden, einen Lockdown zu vermeiden. Leider gelangt man in der Realität an einen Punkt, an dem man dazu gezwungen ist, in einen Lockdown zu gehen.“
Lasst uns zuerst den Effekt der gerade erst getroffenen Maßnahmen sehen.“
Nicht wenige Politiker in Flandern fordern von der Landesregierung strengere Maßnahmen. Dazu gehört z.B. der flämische Sozialist Hans Bonte (SP.A), der Bürgermeister von Vilvoorde, eine Stadt in Flämisch-Brabant in unmittelbarer Nachbarschaft zu Brüssel: „Wir sitzen in der gleichen Misere, wie Brüssel.“
Auch die flämischen Grünen von Groen fordern strengere Corona-Maßnahmen von Seiten der flämischen Regierung, doch hier will man vorläufig abwarten, wie Ministerpräsident Jan Jambon (N-VA - Foto unten) am Sonntagmittag in der sonntäglichen VRT-Talksendung „De zevende dag“ („Der siebte Tag“) sagte:
„Wir beobachten die Situation. Es kann sein, dass ich innerhalb der kommenden 3 bis 4 Tage gemeinsam mit den Gouverneuren (der Provinzen (Red.)) zusätzliche Maßnahmen ergreife. Ich werde nicht zögern, doch lasst uns zuerst den Effekt der gerade erst getroffenen Maßnahmen sehen. Vorläufig sind wir mit unseren Zahlen noch nicht auf dem gleichen Niveau wie die Wallonie.“
Die verantwortlichen Politiker sollten einen kühlen Kopf behalten, so Janbon weiter: „Ich habe die schrecklichen Zahlen zur geistigen Gesundheit gesehen, Bewohner von Pflegeheimen, die in ihrer Isolierung dahinsiechen und so weiter. Dass müssen wir auch im Auge behalten.“ Jambon gab deutlich zu verstehen, dass er versuchen wolle, drei Faktoren mit einander zu verbinden: Virus, mentale Gesundheit und Wirtschaft.