Das iranische Oppositionsmeeting Ende Juni 2018 bei Paris war das Ziel eines vereitelten Anschlags
The Media Express

Belgiens Staatssicherheit: "Iran steckt hinter einem vereitelten Anschlag auf eine Oppositionsveranstaltung bei Paris"

Justiz und Polizei in Belgien haben im Sommer 2018 einen Anschlag in Frankreich vereiteln können. Ein iranisches Ehepaar aus Wilrijk bei Antwerpen hatte es auf ein Treffen einer iranischen Oppositionspartei in der Nähe von Paris abgesehen, doch am 30. Juni griff die belgische Polizei zu und verhaftete das Paar. Auch in Deutschland und in Frankreich wurden in diesem Zusammenhang seinerzeit Personen festgenommen. Laut einem Bericht der belgischen Staatssicherheit, in den unsere VRT NWS-Redaktion Einblick hatte, waren die damals festgenommenen Eheleute iranische Spione. Ende der Woche ist in Antwerpen Prozessbeginn in dieser Sache. 

Am Nachmittag des 30. Juni 2018 war ein Viertel im Ortsteil Stokkel in der Brüsseler Gemeinde Sint-Pieters-Woluwe durch eine Polizeiaktion aufgeschreckt worden, bei der ein verdächtiges Auto untersucht wurde. Der Kampfmittelräumdienst der belgischen Armee, DOVO, hatte das Fahrzeug untersucht und dabei 500 Gramm des Sprengstoffes TATP und einen Zünder für Sprengstoff in einer kleinen Toilettentasche sichergestellt (Foto unten).

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Seinerzeit gab die Brüsseler Staatsanwaltschaft bekannt, dass es sich bei dem Vorgang um Ermittlungen in einem Terrordossier handelte. Gleichzeitig hatte die Polizei auch an anderen Orten und Adressen Durchsuchungen und Überprüfungen von Personen und Gebäuden durchgeführt und zwar in Wilrijk und Boom in der Provinz Antwerpen, in Ukkel bei Brüssel sowie in Mons und in Leuze-en-Hainaut in der Provinz Hennegau.

Meeting einer iranischen Oppositionspartei im Visier

In den Tagen danach gab die Staatsanwaltschaft mehr Details zu dem Vorgang frei. Demnach handelte es sich bei dem verhafteten Ehepaar um zwei etwa 30 Jahre alte Iraner mit belgischer Staatsangehörigkeit - Amir S. und Nasimeh N., die einen Anschlag auf ein Treffen iranischer Oppositioneller der Partei MEK in Villepinte bei Paris verüben wollten. Bei dem Treffen sollten mehrere zehntausend Auslandsiraner zusammenkommen. Unter den Ehrengästen sollte auch Rudy Giuliani sein, der heutige Anwalt des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump.

In Zusammenhang mit dem vereitelten Anschlag wurde auch in Frankreich eine Person festgenommen und in Deutschland wurde ein Diplomat der iranischen Botschaft aus Wien verhaftet - Assadolah Assadi, genannt „Daniel“ (Foto unten). Bei ihm wurde „ein Schatz an Beweismaterial“ entdeckt. Der Vorgang löste damals diplomatische Probleme zwischen dem Iran und den drei EU-Ländern Belgien, Frankreich und Deutschland aus.

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Assadolah Assadi alias „Daniel“

Neue Erkenntnisse

Inzwischen hatte VRT NWS-Redakteur Jens Franssen Einblick in einen Bericht der belgischen Staatssicherheit zu diesem Vorgang und daraus ist u.a. ersichtlich, dass das damals verhaftete iranisch-belgische Ehepaar iranische Spione waren und nicht unbedingt Personen, die vom Iran „unter Druck“ gesetzt wurden, wie die beiden damals bei Verhören angaben.

Aus diesen vertraulichen Bericht kann der Vorgang in weiten Teilen rekonstruiert werden. So ist dem zu entnehmen, dass die belgischen Antiterror-Behörden damals einen Tipp eines Drittlandes bekamen, vermutlich aus Israel oder aus den USA (Foto oben). Und der Bericht lässt erkennen, dass Amir S. und Nasimeh N. in Luxemburg persönlich Kontakt mit einem der iranischen Botschaft in Wien nahestehenden Diplomaten hatten und dass sie mit diesem regen SMS-Austausch über ein Handy mit österreichischer SIM-Karte hatten. Dabei ging es auch um den Umgang mit der Bomben, die zu dem Anschlag genutzt werden sollte.

Aus dem Iran gesteuerter Anschlagsversuch

Assadolah Assadi alias „Daniel“ soll diesen Anschlag bereits seit 2017 geplant haben. Der Diplomat reiste durch ganz Europa und sehr oft in die iranische Hauptstadt Teheran, wo er auch die Bombe besorgte, wie aus zahlreichen Dokumenten, SMS-Berichten und GPS-Daten, die die Ermittler aller beteiligter Länder auswerten konnten, ersichtlich ist. Das iranisch-belgische Paar hatte sich im Vorfeld der iranischen Opposition in Europa angeschlossen, um hier zu spionieren und wohl auch um den Anschlag vorzubereiten. Die belgische Staatssicherheit ist sich heute sicher: „Die drei arbeiteten zusammen, um einen Anschlag auf die iranische Opposition zu verüben. Es handelt sich dabei nicht um eine individuelle Aktion, sondern wurde aus dem Iran gesteuert.“

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Die "diplomatischen Reisen" von "Daniel"

Prozessbeginn Ende der Woche

Das Verfahren gegen die drei mutmaßlichen iranischen Spione beginnt am kommenden Freitag im Justizpalast in Antwerpen. Verschiedene EU-Länder, die USA und auch Israel werden hier genau zuschauen. Für den Iran kommt dieser Prozess gerade jetzt sehr ungelegen, denn durch den neuen US-Präsidenten Joe Biden erhofft man sich dort neue Abkommen mit den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union bezüglich nuklearer Aktivitäten.  

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