Schwere Finanzdelikte sollen in Brüssel nicht mehr untersucht werden
Schwere Wirtschafts-, Finanz- und Steuerstraftaten sollen aufgrund von Personalmangel in Brüssel nicht mehr untersucht werden. Das hat die Generalstaatsanwaltschaft mitgeteilt.
Am 1. September beginnt gewohnheitsgemäß auch das neue Gerichtsjahr. Die obersten Richter ergreifen dann gerne die Gelegenheit, um auf die Schwerpunkte ihres Tätigkeitsfelds aufmerksam zu machen. Personalmangel in Brüssel hat zur Folge, dass Ermittlungen bei schweren Wirtschaftsdelikten nicht mehr aufgenommen werden können.
Oberstaatsanwalt Johan Delmulle wies auf den Aktenberg am Brüsseler Berufungsgericht hin, der inzwischen alarmierende Ausmaße angenommen hat. "Der Rückstau macht sich vor allem bei Wirtschafts-, Finanz- und Steuerdelikten bemerkbar. Er demotiviert die Ermittler, die das Gefühl haben, nicht voranzukommen", so Delmulle.
Komplexe Ermittlungen werden von der Bundeskriminalpolizei durchgeführt. 2002 konnte der Dienst 131 Sonderermittler einsetzen. Heute ist ihre Zahl auf 87 geschrumpft.
Um den Personalmangel zu beheben, müssen Entscheidungen getroffen werden. Alle neuen Finanz- und Steuerdossiers werden zunächst von einer Sonderkommission geprüft. Wenn die Kommission der Meinung ist, dass das Dossier nicht gewichtig genug ist, wird es nicht von der Bundeskriminalpolizei untersucht. Der Fall kann wohl noch von der lokalen Polizei untersucht oder aber auch zu den Akten gelegt werden.
Generalstaatsanwalt Delmulle wies auch auf die Herausforderungen hin, die Mega-Prozesse mit sechs oder mehr Verhandlungstagen und einer Dauer von zwei oder mehr Wochen darstellen. Diese Verfahren sind sowohl finanziell als auch personell sehr aufwändig.
In seiner Rede zur Eröffnung des neuen Gerichtsjahres appellierte Generalstaatsanwalt Delmulle an alle Beteiligten, dafür zu sorgen, dass Justizverfahren in Brüssel glaubwürdig bleiben.