Prozessauftakt um die Terroranschläge in Paris mit deutlichem Bezug zu Belgien
In Paris begann an diesem Mittwoch der Prozess um die islamistischen Terroranschläge in der französischen Hauptstadt vor knapp sechs Jahren mit 130 Toten und 350 Verletzten. Angeklagt sind 20 Verdächtige. Darunter ist auch der bereits in Belgien verurteilte Islamist Salah Abdeslam. Der auch in Belgien festgenommene Abdeslam gilt als einer der Haupttäter und er ist der einzige Überlebende dieser Terroristen.
Ein speziell für den Prozess zusammengestelltes Schwurgericht verhandelt unter höchster Sicherheitsstufe in Paris in einem eigens dafür hergerichteten Saal den Fall. 12 der 20 Angeklagten droht lebenslange Haft, gegen 6 wird der Prozess in Abwesenheit geführt.
Extremisten hatten am 13. November 2015, einem Freitag, in der Pariser Konzerthalle „Bataclan“ ein Massaker angerichtet und dort 90 Menschen erschossen. Außerdem beschossen sie Bars und Restaurants im Osten der Hauptstadt. Insgesamt töteten die Attentäter bei den Angriffen an verschiedenen Orten in Paris 130 Menschen. Über 350 Personen wurden dabei verletzt.
Am Stade de France sprengten sich zudem während des Fußball-Länderspiels zwischen Deutschland und Frankreich drei Selbstmordattentäter in die Luft. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Anschläge für sich.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft treten bei diesem Prozess 1.765 Nebenkläger auf. Zum Prozessauftakt sind zwei Tage alleine dafür reserviert, jeden namentlich aufzurufen. Erst am dritten Tag will das Gericht inhaltlich breiter auf die Vorwürfe eingehen, die sich auf 500 Aktenordner mit Ermittlungsergebnissen stützen.
Hunderte Zeugen sind vorgeladen worden, darunter Ermittler aus Frankreich und Belgien sowie der damalige französische Präsident François Hollande, heißt es. Hollande hat in einem Intervieuw mit unseren frankophonen Kollegen der RTBF angedeutet, dass die belgischen Sicherheitsdienste im Vorfeld der Anschläge nachlässig gewesen seien. Zunächst ist der Prozess bis Mai kommenden Jahres terminiert.
Einen angesichts des dramatischen Ausmaßes der Terrornacht gebührenden Raum erhalten die Opfer und ihre Angehörigen: Über fünf Wochen hinweg sollen rund 300 von ihnen das Erlebte schildern. Je eine halbe Stunde wird jedem eingeräumt. 14 solcher Aussagen pro Verhandlungstag sind eingeplant.
Der Hauptangeklagte Salah Abdeslam antwortete zu Beginn des ersten Prozesstages auf die Frage, welchen Beruf er habe, dass er alle seine Berufe aufgegeben habe, um Kämpfer des Islamischen Staates zu sein, dass es keinen anderen Gott als Allah gebe und dass Mohammed dessen Botschafter sei.
Auch ein belgischer Prozess
Der Pariser Terrorprozess zu den Anschlägen vom November 2017 hat einen deutlichen Bezug zu Belgien. Nicht nur, weil mit Salam Abdeslam ein in Belgien verhafteter und bereits verurteilter Terrorist hier vor Gericht steht, sondern auch, weil diese Anschläge wohl auch von Brüssel aus organisiert und geplant wurden.
Bundesstaatsanwalt Frédéric Van Leeuw erinnert sich an die Nacht der Anschläge. Mitten in der Nacht erhielt er einen Anruf von seinem damaligen französischen Amtskollegen, dem Staatsanwalt François Molins: „Frédéric, das ist belgisch. Ich werde dich brauchen.“
Die französische Polizei hatte in einem zurückgelassenen Autos der Terroristen einen Mietvertrag gefunden und zwar den von Salam Abdeslam, wohnhaft im Brüsseler Stadtteil Molenbeek. Der Rest ist Geschichte…