Die Energiepreise steigen rasch an: Kommt es in Belgien zu einer Preisdeckelung?
Die deutlich steigenden Energiepreise, vor allem beim Gas, hat sich in nur wenigen Tagen auch in Belgien zu einem Dauerthema entwickelt, mit dem sich jetzt auch die Regierungsspitze in Brüssel befasst. Sie beschäftigt sich z.B. mit einer Verlängerung der Sozialtarife für Gas und Strom und mit der Frage, ob es wie in Frankreich zu einer Preisbremse kommen wird.
Im Prinzip läuft das System des Sozialtarifs für Energie bei sozial und finanziell schwachen Haushalten in Belgien zum Jahresende aus, doch angesichts der aktuell drastisch steigenden Preise für Strom und Gas wird die Frage bzw. die Forderung laut, dieses System zu verlängern bis ins kommende Jahr hinein.
Die Preise für Erdgas sind alleine am Donnerstag (30. September) am Weltmarkt um 12 % angestiegen und die Verbraucher sind besorgt. Frankreich machte jetzt kurzen Prozess und deckelt die Gaspreise bis mindestens April 2022 und sie senkt die Steuern auf Elektrizität. Belgiens Innenministerin Annelies Verlinden (CD&V) sagte dazu am Freitagmorgen gegenüber VRT NWS, dass dies eigentlich kein Thema für die Regierung sei: „Diesen französischen Mechanismus können wir hier nicht per se anwenden.“ Dazu muss man wissen, dass die beiden größten Energielieferanten und Produzenten in Frankreich in Händen des dortigen Staates liegen, während der Markt in Belgien voll und ganz marktwirtschaftlich liberalisiert ist.
Doch der Vorsitzende der frankophonen Sozialisten PS, Paul Magnette, gab am Morgen gegenüber unseren Kollegen der RTBF zu verstehen, dass er eine Verlängerung der Sozialtarife fordere und dass er nach französischen Beispiel eine Deckelung der Energiepreise sowie ein pauschale Kürzung der Energierechnungen von 100 € pro Haushalt empfehle: „Wir müssen schauen, wie hoch die realen Produktionskosten liegen und wir müssen dafür sorgen, dass die Lieferanten nicht mit einer übertriebenen Verdienstmarge berechnen.“
Was denken die Fachleute?
Experten sind der Ansicht, dass es möglich ist, auch in Belgien eine Obergrenze für Energiepreise durchzusetzen. Belgiens Energieregulator GREG sieht sowohl in der Elektrizitätsgesetzgebung als auch bei Regelwerk für Gas Möglichkeiten vorliegen, um Maximalpreise festzulegen. Dafür sei der Bundeswirtschaftsminister zuständig.
Prof. Ronnie Belmans, CEO des Forschungszentrums Energyville an der Universität Löwen (KU Leuven), erinnert aber daran, dass Belgien seine Anteile an den beiden großen Energieunternehmen EDF/Luminus und Engie/Electrabel aus der Hand gegeben habe: „Deshalb muss man den Markt auch seine Arbeit machen lassen.“
Kleinere Mitspieler am belgischen Energiemarkt würden mit Sicherheit bei einem Preisplafond Pleite gehen, ergänzt Dirk Van Evercooren, Leiter der Organisation für nachhaltige Energie (ODE): „Dann müsste ein kleineres Unternehmen z.B. Gas zu den aktuellen Preisen am Weltmarkt kaufen, um dieses zu einem Festpreis im eigenen Land an die Verbraucher weiterzugeben.“
Sowohl CREG, als auch Energyville und ODE sind der Ansicht, dass eine Verlängerung der Sozialtarife derzeit die beste Lösung sei, denn dies könne mit einem Ausgleich der überhöhten Marktpreise bewerkstelligt werden. Dem freien Markt die Preise vorzuschreiben, sei kontraproduktiv, denn damit würde lediglich eine weitere Konsolidierung am Markt erfolgen, sprich kleinere Mitspieler am Markt würden von den Konzernen geschluckt.
Woran liegen die hohen Gaspreise eigentlich?
Die Preisanstiege bei Erdgas betreffen aktuell ganz Europa. Das liegt an nur eingeschränkt gefüllten Gasvorräten in Europa, an der hohen Nachfrage nach Gas in Asien, an beschränkten Gaslieferungen, die durch Pipelines nach Europa fließen und an den steigenden CO2-Preisen.