Nicolas Maeterlinck

Hausärzte schlagen Alarm - Vorgezogene Corona-Konzertierung am Freitag 

Domus Medica, der Verband der flämischen Hausärzte und das Pflegenetzwerk „Zorgnet-Icuro“, das größte Krankenhaus-Netzwerk seiner Art in Flandern, rufen die Politik in einer gemeinsamen Erklärung dazu auf, „den Pausenknopf drastisch zu drücken.“ Sowohl die Mediziner, als auch die Krankenhäuser rufen zu einem Teil-Lockdown auf. Zwischendurch konnte sich auch Bundesinnenministerin Annelies Verlinden (CD&V) vorstellen, dass schon bald weitere und schärfere Maßnahmen ergriffen werden können, um die rasche neuerliche Ausbreitung des Coronavirus in den Griff zu bekommen. Am Nachmittag gab Premierminister Alexander De Croo (Open VLD) im Parlament (Foto) bekannt, dass der Konzertierungsausschuss bereits am Freitagvormittag zusammenkommen wird. 

Es kommt also doch zu einem vorgezogenen Konzertierungsausschuss aus Bund, Ländern und Regionen in Belgien, denn die Alarmzeichen und -rufe aus den Reihen von Medizin, Pflege und Schulwesen sind nicht zu übersehen und zu überhören. Premier De Croo sagte am Donnerstag in der Ersten Kammer des belgischen Bundesparlaments, dass der Konzertierungsausschuss am Freitagvormittag zusammenkommen wird.

Dabei werden neue und weitere Maßnahmen beschlossen, um die 4. Coronawelle in den Griff zu bekommen. Bundesgesundheitsminister Frank Vandenbroucke (Vooruit) schaut dabei in Richtung aller Sektoren, wie er im Parlament andeutete: „Ja, um Unterrichtswesen, in der Freizeit und im professionellen Leben werden wir Maßnahmen ergreifen müssen. (…) Starke Maßnahmen müssen sofort anlaufen. Warten bedeutet noch mehr Misere. Die riskantesten Aktivitäten müssen wir einschränken oder sogar beenden.“  

Zu möglichen Maßnahmen könnte eine beschleunigte Booster-Impfung gehören und eine Entlastung des Pflegebereichs durch den Abbau von administrativen Aufgaben. Premier De Croo rief die Bevölkerung dazu auf, sich an die geltenden Regelungen zu halten und seine Kontakte möglichst einzuschränken: „Das persönliche Verhalten hat Einfluss. Gemeinsam können wir die Kurve umbiegen.“ 

Warnruf aus dem Krankenhaus- und Pflegebereich

„Die Kurven folgen jetzt den am deutlichsten negativen Szenarien, die uns die Biostatistiker in der vergangenen Woche vorausgesagt haben. Das wird ohne zusätzliche Maßnahmen zu mehr als 1.200 Corona-Patienten auf den Intensivstationen führen. Das bedeutet, dass wir noch nicht einmal mehr 600 Betten für andere Notfälle, wie Herzinfarkte, Gehirnschläge oder schwere Verkehrsunfälle frei haben, um solchen Patienten die notwendige Pflege zukommen zu lassen“, so die Presseerklärung von Domus Medica und Zorgnet-Icuro.

"Ich glaube, dass wir früher zusammenkommen sollten"

Bundesinnenministerin Annelies Verlinden (CD&V) war bereits am Donnerstagmorgen der Ansicht, dass der Konzertierungsausschuss aus Bund, Ländern und Regionen in Belgien schon früher als geplant zusammenkommen soll, denn die aktuellen Zahlen in der Corona-Entwicklung sind nicht gut. Von überall her kommen Klagen und Forderungen: Von den Hausärzten, den Krankenhausverbänden, aus dem Schulwesen, von den Testzentren und den Kontaktverfolgern…

Premierminister Alexander De Croo (Open VLD) hatte zwar am Mittwoch noch gesagt, man solle doch die Effekte der neuen Maßnahmen, die gerade erst ergriffen wurden, abwarten, doch die Realität holt diese Schritte inzwischen in unserem Land ein.

Innenministerin Verlinden sagte dazu am Donnerstagmorgen um VRT-Sender Radio 1: „Wir müssen gut darauf achten, was sie sagen. Sie haben uns in den vergangenen 24 Monaten durch diese Krise geführt. Wenn sie wirklich am Ende ihres Lateins sind, dann müssen wir entsprechend reagieren. Wir dürfen aber nicht in Panik verfallen. Das haben wir aus dieser Pandemie gelernt. Wenn es notwendig ist, dann müssen wir was mich betrifft, passende Maßnahmen ergreifen.“

Man sollte am besten zielgerichtet vorgehen, so die Innenministerin und das könnte in den nächsten Tagen schon passieren. Verlinden denkt z.B. an einige Regelungen, die sicherer verlaufen könnten: „Wir haben in der Gastronomie gesehen, dass viele Vorgänge sicher ablaufen. An Tischen sitzen und etwas in Gesellschaft essen, ist perfekt möglich. Dort sind weitgreifendere Maßnahmen nicht nötig. Wir müssen aber den Mut haben, viele schnelle Kontakte mit einer möglichen Verbreitung des Virus einzuschränken.“ 

Flandern will die Booster-Impfung für 60- bis 65-Jährige beschleunigen

Flanderns Landesgesundheitsminister Wouter Beke (CD&V) will die Einladung der dritten Schutzimpfung gegen das Coronavirus Covid-19 rascher durchziehen: „Wir werden nicht warten, wir dürfen nicht warten.“ In Flandern sind bis heute bereits rund 700.000 Booster-Impfungen erfolgt und bis zum Jahreswechsel sollen hier bis zu 2,5 Millionen Leute ihre dritte Impfung erhalten haben. Inzwischen werden die Einladungen zur Schutzimpfung von den Landesgesundheitsbehörden verschickt (alleine am vergangenen Montag 100.000 Stück).

Bis jetzt werden in Flandern die Über-65-Jährigen zum dritten Mal geimpft, aber auch Personen mit Vorerkrankungen und solche, die mit dem Vakzin von Johnson & Johnson geimpft wurden: „Wir haben aber in der Regierung im Prinzip beschlossen, auch die Gruppe der 60- bis 65-Jährigen zu impfen, zumindest dort, wo die Impfzentren Kapazitäten frei haben. Die N-VA plädiert dafür, nach diesem Schritt auch schnellstens die Mitarbeiter aus dem Bildungswesen und in der Kleinkindbetreuung zu impfen.  

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