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In Brügge beginnt ein weiterer Prozess um den Tod von 39 Vietnamesen in einem Kühlcontainer in Essex

Am 23. Oktober 2019 wurden in Essex in Südengland die Leichen von 39 Vietnamesen in einem Kühlcontainer gefunden: Die 31 Männer und 8 Frauen, unter ihnen auch 3 Minderjährige, starben aufgrund von Überhitzung und Sauerstoffmangel auf dem Weg von Brügge nach England. 

Bei den Ermittlungen über den tragischen Menschenschmuggel stellte sich heraus, dass der Kühlcontainer am Vortag von einem Lastwagenfahrer aus Nordfrankreich nach Zeebrügge gebracht worden war. Vom Hafen von Zeebrügge aus wurde der Container nach Südengland verschifft. In Essex sollten die Transmigranten wieder abgeholt werden. Aber keiner der 39 Insassen hatte die Fahrt über den Ärmelkanal überlebt.   

Menschenschmugglerbande

Weil der Container in Zeebrügge auf die Fähre gesetzt wurde, hat Belgien ebenfalls Ermittlungen eingeleitet. Bei diesen flog ein Schmugglernetz auf, das seit Monaten täglich Dutzende von Transmigranten, hauptsächlich aus Vietnam, nach England brachte.  

Aus den polizeilichen Untersuchungen ging hervor, dass sich mehrere Opfer in Belgien aufgehalten hatten, bevor sie in den Kühltransporter gestiegen waren. Im Mai 2020 konnte die belgische Polizei 13 Personen festnehmen, die den Vietnamesen Unterschlupf gewährt und sie transportiert haben sollen. Die Vietnamesen sollen den Menschenschmugglern jeweils fast 15.000 EUR für ihre Reise ins Vereinigte Königreich gezahlt haben.

27 Angeklagte auf belgischer Seite

Vor dem Strafgericht in Brügge müssen sich heute 27 Angeklagte für ihre Beteiligung an dem Drama von Essex verantworten. Die meisten Angeklagten sind Vietnamesen oder Belgier vietnamesischer Herkunft.    Die fünf Drahtzieher befinden sich in Untersuchungshaft. Zu den anderen Angeklagten gehören u. a. Brüsseler Taxifahrer, die die Transmigranten von einem “Safehouse” zum Kühlcontainer fuhren.  

Die Angeklagten werden des Menschenschmuggels unter erschwerenden Umständen, der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und der Urkundenfälschung verdächtigt. Ihnen drohen bis zu 15 Jahre Gefängnis und bis zu 150.000 Euro Geldstrafe pro Opfer. 

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Plädoyers

In den Plädoyers der Zivilparteien wurden die unmenschlichen Bedingungen der Reise beschrieben. In einem luftdichten Raum von 30 Quadratmetern befanden sich 39 Menschen, die an Erstickung und Überhitzung starben.   

Die Staatsanwaltschaft fordert 15 Jahre Haft für den möglichen Hauptverdächtigen. Am Mittwochnachmittag ergreift die Verteidigung das Wort. 

Im Januar wurden im Vereinigten Königreich vier Männer wegen des Todes von 39 vietnamesischen Migranten zu Haftstrafen zwischen 13 und 27 Jahren verurteilt. Es handelt sich um den Chef eines Transportunternehmens, zwei Lkw-Fahrer und einen Menschenhändler, der den Transport organisiert hat.  

Im September letzten Jahres wurden in Vietnam bereits sieben Personen wegen ihrer Rolle im Menschenhandel verurteilt. Vier Vietnamesen wurden zu Haftstrafen zwischen 2,5 und 7,5 Jahren verurteilt. 

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