Notfallplan für Belgiens Krankenhäuser vorbereitet: Betten werden dann für Coronapatienten nicht mehr vorgehalten
Wenn die Coronavariante Omikron weiter um sich greift und die Zahl der Coronapatienten in den Krankenhäusern steigt, dann werden für diese Patienten nicht mehr automatisch Betten freigehalten. Dies sieht ein Notfallplan der belgischen Gesundheitsbehörden vor, der an diesem Dienstag veröffentlicht wurde. Dieser Fall tritt ein, wenn es dazu kommt, dass die dritte Notfallphase zum Greifen kommt. Während der höchsten Alarmphase werden sich die Krankenhäuser demnach auf die dringendste Versorgung von Patienten konzentrieren, an gleich welcher Erkrankung sie leiden oder gleich welcher Ursache eine Einlieferung zugrunde liegt.
Aktuell befinden sich die Krankenhäuser in unserem Land in der Phase 1B der Corona-bedingten Krankenhausphasen. Das bedeutet, dass sie die Hälfte ihrer Intensivbetten für Coronapatienten freihalten müssen. Doch jetzt, wo die Omikron-Variante um sich greift und wo die Krankenhäuser mit rasch steigenden Hospitalisierungszahlen rechnen müssen, bzw. wo Ärzte oder Pflegemitarbeiter ausfallen können, wird über die nächsten Phasen nachgedacht.
Worst Case Scenario wäre die Phase 3 - die Notfallphase. Ab dann werden keine Betten mehr für Coronapatienten vorgehalten. Dieser Puffer verschwindet dann zugunsten einer adäquaten Pflege aller medizinischer Intensivfälle und aller schwerkranken Personen, die eingeliefert werden.
„Wir haben darüber bereits mehrmals gesprochen, doch bisher wurde das noch nie auf Papier gesetzt“, so Marcel Van der Auwera, Mitglied des Ausschusses innerhalb des Bundesgesundheitsministeriums, dass diesen Plan vorbereitet, gegenüber VRT NWS: „Bisher war das lediglich eine theoretische Angelegenheit, doch Omikron konfrontiert uns mit einer neuen Situation.“
Ob es aber soweit kommen wird, müssen die nächsten Tage und Wochen ergeben. Hier wird dann auf die entsprechende Zahl an neuen Patienten bzw. auf die Ausfallzahlen beim medizinischen Personal antizipiert.
Reaktionen
Bundesgesundheitsminister Frank Vandenbroucke (Vooruit) sagte in der Ersten Kammer des belgischen Bundesparlaments, er gehen davon aus, dass dieser Notfall nicht eintreten werde: „Die Angaben, über die wir jetzt verfügen, weisen aus, dass Omikron seht ansteckend ist aber doch weniger für ernsthafte Erkrankung sorgt. In einigen Ländern gibt es zwar mehr Hospitalisierungen, doch nicht so sehr auf den Intensivstationen. Wir sind uns dessen aber nicht sicher, also bereiten wir das schlechteste mögliche Szenario vor.“
Dr. Frank Vermassen, Chefarzt der Universitätsklinik von Gent (UZ Gent) hält dies für eine gute Sache: „Falls wir in der Tat in eine solche Notsituation geraten, muss man die zur Verfügung stehende Kapazität so optimal nutzen, wie möglich. Das bedeutet aber auch, dass Entscheidungen getroffen werden und dass die Mittel, die zur Verfügung stehen, den Personen zugewiesen werden, die sie am dringendsten brauchen, unabhängig von der Pathologie, mit der sie sich anmelden.“
Geert Meyfroidt, Intensivarzt an der Universitätsklinik von Löwen (UZ Leuven) geht davon aus, dass viele Kliniken bereits so vorgehen. Er kann sich nicht vorstellen, dass hier 50 % aller Betten, wie die Krankenhausphase 1B erfordert, für Coronapatienten wirklich freigehalten werden. Aktuell seien 25 % aller IC-Betten mit Coronapatienten belegt: „Die 25 % freien Betten sind in diesem Moment natürlich nicht leer…“
Meyfroidt macht sich aber trotzdem Sorgen darüber, dass das Worst Case Scenario eintritt: „Die große Schwierigkeit ist, dass der Notfallplan sagt, ‚behandelt jeden Patienten nach den gleichen Kriterien‘. Und das ist die Frage: ‚Wie groß ist die Chance, dass der Patient das überlebt?‘“