"Junger Mann mit rotem Schal" (1908)

Ein Museum in Antwerpen zeigt Werke von Léon Spilliaert aus Privatsammlungen

Das Museum De Reede in Antwerpen zeigt in diesen Tagen eine Reihe von Gemälden des Malers Léon Spilliaert aus Ostende, die zumeist aus Privatsammlungen kommen und dementsprechend nur selten zu sehen sind. Die Ausstellung umfasst nicht nur Gemälde, sondern auch Skizzen, Zeichnungen und Drucke und sie zeigt einsame Frauenfiguren und eindringliche Selbstporträts des Künstlers.

Léon Spilliaert (1881-1946) ist ein flämischer Künstler, der nur schwer einzuordnen ist. Er gehört eigentlich zu keiner Kunst- oder Stilrichtung und auch zu keiner besonderen künstlerischen Strömung. Sein Werk besteht aus den hinlänglich bekannten Strand- und Deichbildern, aus seiner Faszination für „Haus-, Garten- und Küchengeräte“ und auch aus seinen mitunter seltsam anmutenden Selbstportraits.

Für die Ausstellung im Museum De Reede in Antwerpen hat die Kuratorin und Spilliaert-Kennerin Anne Adriaens-Pannier rund 50 Werke zusammengetragen, die fast alle aus Privatsammlungen kommen und die nur selten in der Öffentlichkeit zu sehen sind.

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Léon Spilliaert, Emile Verhaeren und Edmond Deman

Dass diese Ausstellung im privat geführten Grafikmuseum De Reede gezeigt wird, kommt nicht von ungefähr, wie Adriaens-Pannier gegenüber VRT NWS erklärt: „Spilliaert ist eigentlich kein Maler sondern ein Zeichner. Sein Werk ist intim und man muss sich die Zeit nehmen, um es zu entdecken. Mit feinem Pinsel und ostindischer Tinte konnte er eine Traumwelt schaffen mit hier und da einigen Farbtupfern. Und das war es! Darum wurde er zu seiner Zeit auch nicht besonders gewürdigt…“

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"Die Wolke" (1902)

Zu seiner Zeit, Anfang des 20. Jahrhunderts, waren seine Themen Melancholie und Einsamkeit und dies zeigt sich auch in seinen bizarren Frauenbildern, die dürre Frauen zeigen mit geballten Fäusten in unwirklichen Landschaften. Eines dieser Bilder zeigt eine solche „Femme fatale“, der ein Mann zu Füßen liegt. Spilliaert gab diesem Werk den sarkastischen Titel „Amour“ („Liebe“). Ein anderes Werk, das übrigens die Ausstellung einleitet, ist die ergreifende Zeichnung „De dood en het meisje“ („Der Tod und das Mädchen“) aus dem Jahr 1900, ein Thema, das mit gleichem Titel auch eine Komposition von Franz Schubert ist. Diese Zeichnung wurde kürzlich erst entdeckt und speziell für diese Ausstellung restauriert.

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"Der Tod und das Mädchen" (1900)

Die Ausstellung, die den Titel „Léon Spilliaert. Der Ursprung des Bildes“ trägt, zeigt nicht weniger als 14 Selbstportraits des Künstlers. Doch hier sind nicht dessen bekannte Selbstportraits zu sehen, also keine großen Gemälde, sondern kleine und einfache, spontan ausgeführte Bilder, die oft nur seinen Kopf zeigen. Er zeigt sich dabei zumeist ungeschminkt und mit alle seinen Gefühlen, die gerade zur Zeit des Ersten Weltkriegs sehr beklemmend waren. In einigen dieser Selbstportraits scheint Spilliaert den Betrachter regelrecht mit seinen hohlen Augen zu durchbohren… Die Ausstellung bietet auch deswegen einen sehr spannenden und interessanten Einblick in das intime, in das private Leben dieses Künstlers und in dessen Verletzlichkeit.

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"Selbstporträt mit gelber Weste" (1911)

Sehr schön ist auch die Reihe an Lithografien aus Steindrucken, die das Museum De Reede zeigt. Spilliaert fertigte einige nach Gedichten von Maurice Maeterlinck (1862-1949), der 1911 als erster und bisher einziger Belgier den Nobelpreis für Literatur erhalten hat. Daneben pflegte Léon Spilliaert auch enge Kontakte zu dem belgischen Dichter und Autoren Emile Verhaeren aus Gent (1855-1916) und zum Österreichischen Schriftsteller Stefan Zweig (1881-1942), der eine Zeit lang in Ostende gelebt hat. Zweig hat seiner Zeit übrigens selbst vier Werke von Spilliaert erworben… 

„Léon Spilliaert. Der Ursprung des Bildes“, noch bis zum 16. Mai 2022 im Museum De Reede, Ernest van Dijckkaai 7, B-2000, Antwerpen. Info: https://museum-dereede.com/

Die ständige Sammlung des Museums De Reede zeigt auch grafische Werke von z.B. Francisco Goya, Edvard Munch oder Félicien Rops. Der Name des Museums hat seinen Ursprung auch in der Nachbarschaft der Adresse. Unweit des Hauses ist z.B. die „Königliche Belgische Reeder Vereinigung“ zu Hause und auch das Eugen Van Mieghem-Museum, ein Museum für einen flämischen Maler und Zeichner, der durchweg die Schifffahrt und das Hafenleben als Thema hatte, ist nicht weit entfernt. 

Selbstportrait
"Hospital"

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