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10 Jahre längere Laufzeit für zwei belgische Atomreaktoren: Reaktion deutscher Medien

Zwei der insgesamt sieben belgischen Atomkraftwerke werden nicht wie ursprünglich geplant 2025 abgeschaltet, um den Atomausstieg des Landes komplett zu machen. Im Gegenteil: Sie sollen ab dann noch zehn Jahre länger laufen, um das Land unter anderem unabhängiger vom russischen Energielieferanten zu machen. In den deutschen Medien wird über diese Entscheidung der belgischen Bundesregierung vom gestrigen Freitagabend ausführlich berichtet. Eine Auswahl:

Die Zeit

„Belgien betreibt zwei Atomkraftwerke mit insgesamt sieben Reaktoren. Das Kernkraftwerk Tihange 3 liegt bei Lüttich nahe der Grenze zu Deutschland, das Kraftwerk Doel 4 bei Antwerpen. Die Meiler aus den Siebziger- und Achtzigerjahren haben in Deutschland immer wieder für Diskussionen gesorgt.“

„In Belgien wurde der Atomausstieg schon 2003 gesetzlich festgelegt, doch die Debatte zieht sich seit Jahren. Ursprünglich war der Ausstieg aus der Kernkraft mit einer stärkeren Nutzung von Erdgas verbunden gewesen – geplant war der Bau eines Gaskraftwerks nördlich von Brüssel. Nun will De Croo den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen.“

„Belgien ist dank eines Flüssiggas-Terminals weniger von russischem Gas abhängig als Deutschland. Auch in Deutschland hat der Krieg in der Ukraine und das drohende Szenario ausbleibender Gaslieferungen aus Russland die Debatte über den Atomausstieg neu angefacht. Die Ampel-Koalition wies Forderungen nach längeren Atomkraftwerklaufzeiten aber bislang zurück.“

Handelsblatt

„Das Kernkraftwerk Tihange 3 sowie das bei Antwerpen gelegene Kernkraftwerk Doel 4 sollen bis 2035 weiterlaufen. Ein Grund für die Entscheidung ist auch der Ukrainekrieg.“

„In Deutschland sorgten die belgischen Atommeiler aus den 1970er und 80er Jahren in der Vergangenheit immer wieder für Diskussionen. So wurden bei den Reaktoren im Nachbarland mehrfach Mängel festgestellt, etwa marode Betonteile. Die Stadt Aachen und die Bundesregierung haben in der Vergangenheit gefordert, die Kernkraftwerke stillzulegen.“

SRF: Atomstrom als Brückentechnologie

„Weil das aber nicht ausreicht, die Wende zu schaffen, springen die Grünen in Belgien über ihren Schatten: Nicht Gas, wie ursprünglich angedacht, sondern die Atomkraft soll eine Brückentechnologie sein, bis 100 Prozent alternative Energie im belgischen Stromnetz fließt. Der Krieg in der Ukraine stellt bei den belgischen Grünen alte Denkmuster auf den Kopf.“

Aachener Zeitung

„Was Belgien als Lösung für eine mögliche Energieknappheit sieht, ist für Deutschland schon seit Jahren Grund zur Sorge. So wurden bei den derzeit noch sieben belgischen Atommeilern mehrfach Mängel festgestellt, etwa marode Betonteile. Die Stadt Aachen und die Bundesregierung hatten in der Vergangenheit deswegen mehrfach gefordert, die Reaktoren stillzulegen. Die ältesten stammen aus den 1970er Jahren.“

„In Belgien wurde der Atomausstieg schon 2003 gesetzlich festgelegt, doch die Debatte zieht sich seit Jahren. Mehr als die Hälfte der verbrauchten Elektrizität wurde 2021 laut dem Netzbetreiber Elia durch Kernkraft produziert.“

Der Spiegel

„Durch die Laufzeitverlängerung soll die Energiesicherheit gewährleistet werden. Dabei spielen auch der Krieg in der Ukraine und die zuletzt stark angestiegenen Energiepreisen eine Rolle.“

WDR

„In NRW dürfte das Vorhaben auf Ablehnung stoßen. Bei belgischen Atommeilern wurden bereits mehrfach Mängel festgestellt. Die Stadt Aachen und die Bundesregierung hatten in der Vergangenheit deswegen mehrfach gefordert, die Reaktoren stillzulegen. Gegen zwei ältere belgische Reaktoren - Tihange 2 und Doel 3 - gab es massive Proteste, seitdem Experten im Jahr 2012 tausende Haarrisse in den Reaktordruckbehältern gefunden hatten. Die Laufzeit dieser beiden Reaktoren soll nicht verlängert werden.

Kommunen entlang der belgischen Grenze fürchten sich angesichts maroder Atomkraftwerke vor einem atomaren Unfall mit unabsehbaren Folgen. Mit zahlreichen Belegen für die These waren 2020 mehrere Kommunen aus dem Raum Aachen vor ein Gericht in Brüssel gezogen - und mit ihrer Klage gescheitert. Das AKW Tihange liegt nur etwa 60 Kilometer Luftlinie von Aachen entfernt.“

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