Flandern weigert Zustimmung, um russisches Gas in der EU schneller zu verbieten: “Aufruf ist zu vage”

Belgien wird einen Aufruf von 11 EU-Mitgliedstaaten nicht unterzeichnen, um sich in der Europäischen Union schneller vom russischen Gas loszukoppeln. Der Grund? Die Regierungsparteien N-VA (Nationalisten) und CD&V (Christdemokraten) in Flandern finden den Aufruf zu vage. Die andere Regierungspartei in Flandern, die Liberalen der Open VLD, sieht keine Einwände.

"Mit der russischen Invasion in der Ukraine steht die Welt vor einer neuen geopolitischen Realität. (...) [Die EU] muss Einigkeit und Entschlossenheit zeigen und so schnell wie möglich von russischen fossilen Brennstoffen unabhängig werden, indem sie den grünen Übergang zur Klimaneutralität beschleunigt." Der Aufruf stammt von elf europäischen Ländern, die sich gemeinsam als Green Growth Group (GGG) bezeichnen: Österreich, Deutschland, Dänemark, Spanien, Finnland, Irland, Luxemburg, Lettland, die Niederlande, Schweden und Slowenien.  

Die GGG ist der Meinung, dass Europa seine Energiewende beschleunigen sollte. Nicht nur, weil dies dem Klima zugute käme, sondern auch, weil Europa in hohem Maße von russischen fossilen Brennstoffen abhängig ist und also die russische Kriegsmaschine unterstützt.  

Ein Tanker transportiert verflüssigtes Erdgas (LNG) vom russischen Hafen Prigorodnoye. Seit dem Beginn der Invasion in der Ukraine hat die EU bereits 35 Milliarden Euro für Energie an Russland gezahlt und nur eine Milliarde Euro an die Ukraine., so Josep Borrell, EU-Außenbeauftragter.
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Das Papier wurde den Mitgliedstaaten am Donnerstagabend zur Unterschrift vorgelegt, aber Belgien hat es (noch) nicht unterzeichnet. Das liegt daran, dass die flämische Regierung ihre Zustimmung weigert. Das nur eine A4-Seite lange Papier sei recht vage formuliert, lautet die Kritik aus Flandern. Außerdem enthalte der Plan keine neuen Vorschläge und nenne als einziges konkretes Ziel, die Senkung des Gasverbrauchs um 30 Prozent bis 2030, ein Vorhaben, das schon viel länger auf dem Tisch liegt. 

Im Widerspruch zum flämischen Klimaplan?

Für die flämischen Regierungsparteien N-VA und CD&V ist die vage Formulierung ein Grund, nicht zu unterschreiben. Beide Parteien betonen, dass sie einverstanden sind, den Gasverbrauch bis 2030 um 30 Prozent zu senken. Aber N-VA und CD&V befürchten, dass der Aufruf mit dem im Dezember 2021 ausgehandelten flämischen Klimaabkommen kollidieren könnten.  

Der Koalitionspartner Open VLD hat weniger Probleme mit dem Text, räumt aber ein, dass es keinen Konsens innerhalb der Regierung gab. Arthur Orlians, Sprecher des flämischen Vizeministerpräsidenten Bart Somers (Open VLD), findet es "schade", dass der Brief nicht unterzeichnet wurde.  "Wir teilen diese Sorge nicht. (…) Im Gegenteil, der flämische Klimaplan ist genau darauf ausgerichtet, diese europäischen Ziele zu erreichen. Der Text besagt, dass wir die bestehenden Ziele schneller umsetzen müssen, und das müssen wir sowieso tun."

460 Euro pro flämischer Haushalt pro Jahr?

Umweltministerin Demir hatte zuvor eine Studie in Auftrag gegeben, aus der hervorging, dass eine Ausweitung dieses Systems auf Gebäude und Verkehr eine durchschnittliche flämische Familie 460 Euro pro Jahr kosten würde. Deshalb will Demir vorerst keinen Texten zustimmen, die die Rechnungen der flämischen Haushalte wieder in die Höhe treiben. 

Die Forscher, die die Studie durchgeführt haben, nannten diese Auslegung jedoch selektiv. Ihrer Meinung nach hat Demir die Einnahmen aus dem Emissionshandel, die an die Haushalte zurückfließen könnten, nicht in Betracht gezogen. 

Vorsitz der Gruppe, aber keine Unterschrift ...

Über die Höhe der Förderung von Biomasseanlagen wird noch verhandelt, sagt ein Experte aus dem Kabinett der belgischen Umweltministerin Zakkia Khattabi (Ecolo). Ihrer Meinung nach sucht die N-VA in der Debatte nach einem Vorwand. Dass unter dem Aufruf keine belgische Unterschrift zu finden ist, sei höchst ärgerlich. Insbesondere, da die Gruppe der EU-Länder, die diesen Aufruf verbreitet, derzeit von ... Belgien geleitet wird.

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