Brüsseler PS entscheidet sich gegen ein Verbot der rituellen Schlachtung ohne Betäubung

In Brüssel werden die französischsprachigen Sozialisten (PS) gegen den Verordnungsentwurf für ein Verbot der rituelle Schlachtung ohne Betäubung stimmen. Ein solches Verbot besteht bereits in Flandern und der Wallonie. Warum die PS in Brüssel dagegen stimmen will, ist nicht wirklich klar. Vermutlich hat dies viel mit der großen Zahl muslimischer Parteimitglieder und Wähler in Brüssel PS zu tun. Einige Muslime bestehen darauf, Schafe für das Opferfest zu schächten, und zwar bei vollem Bewusstsein.

Im Oktober hatte Tierschutzminister Bernard Clerfayt (Défi) einen Entwurf für ein Verbot des unbetäubten Schlachtens auf den Regierungstisch gelegt. Die PS wollte es erst jedem einzelnen Abgeordneten überlassen, dafür oder dagegen zu stimmen. Jetzt haben die Brüsseler Sozialdemokraten jedoch eine Parteiposition eingenommen und beschlossen, als Fraktion dagegen zu stimmen.

Die Frage der Schächtung ohne Betäubung spaltet die Brüsseler Mehrheitsparteien schon seit einiger Zeit. Défi, Groen und Open VLD haben im Januar einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der die Betäubung bei der Schlachtung vorschreibt. Das Verbot der betäubungslosen Schächtung war jedoch nicht in den Koalitionsvertrag aufgenommen worden. Die PS war zu diesem Zeitpunkt nicht glücklich darüber. Der Fraktionsvorsitzende Ridouane Chahid bezeichnete den Vorschlag als "heuchlerisch".

Es ist noch nicht klar, wann die Abstimmung über den Entwurf stattfinden wird. Zunächst wird er im Umweltausschuss erörtert werden, wahrscheinlich im Mai. Es wird auch eine Debatte darüber geben, ob Anhörungen mit Muslimen, Juden, Tierärzten und Tierschützern abgehalten werden sollen, um nur einige zu nennen.

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EuGH: EU-Staaten dürfen rituelle Schlachtung ohne Betäubung verbieten

Soll Fleisch halal oder koscher sein, darf das Tier einzig mit einem Schnitt durch die Kehle getötet werden. EU-Staaten dürfen aber nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2020 auch für rituelle Schlachtungen eine Betäubung des Tieres vorschreiben. Derartige Vorschriften verstießen nicht grundsätzlich gegen das Recht auf Religionsfreiheit, befanden die Richter in Luxemburg. Eine solche Vorgabe folge dem von der EU anerkannten Ziel, das Wohlergehen von Tieren zu fördern.

Verhandelt wurde damals in Luxemburg ein politisch brisanter Rechtsstreit aus Belgien. Dort hatte Flandern die Schlachtung ohne Betäubung 2017 aus Tierschutzgründen verboten. Jüdische und muslimische Verbände klagten dagegen. In beiden Religionen gibt es Vorschriften zum Schlachten ohne Betäubung, um Fleisch koscher oder halal herzustellen. Gläubige sahen ihre Religionsfreiheit in Gefahr.

Der Verfassungsgerichtshof in Brüssel legte den Streit dem EuGH vor. Dem Urteil zufolge lässt das EU-Recht zwar in Ausnahmefällen und im Sinne der Religionsfreiheit die rituelle Schlachtung ohne vorherige Betäubung zu. Die EU-Staaten könnten aber dennoch selbst eine Verpflichtung zur Betäubung der Tiere vorsehen. Betroffen sei nur »ein Aspekt der spezifischen rituellen Handlung«, hieß es. Das verhandelte Dekret aus Flandern achte die Religionsfreiheit, da es rituelle Schlachtungen nicht als solche verbiete. Zudem verbiete Flandern nicht die Einfuhr von Erzeugnissen, die von rituell geschlachteten Tieren stammen.

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