70.000 Anwohner rund um das 3M-Werk in Zwijndrecht können ihr Blut auf PFAS untersuchen lassen
Wer in einem Umkreis von 5 Kilometern rund um das 3M-Chemiewerk in Zwijndrecht bei Antwerpen wohnt, der kann sein Blut auf das Produkt PFAS untersuchen lassen. Das betrifft rund 70.000 Personen. Letztes Jahr wurden Blutproben von etwa 800 Anwohnern in der Umgebung der Chemiefabrik genommen, woraus deutlich wurde, dass die meisten von ihnen erhöhte PFAS-Werte im Blut haben. Ob und wann jemand an diesem chemischen Stoff erkrankt, kann aber aus solchen Untersuchungen nicht ersichtlich werden.
Die flämische Landesagentur für Pflege und Gesundheit hat die Sicherheits- und Gesundheitszone rund um das 3M-Werk von Zwijndrecht gehörig erweitert. Jetzt gilt ein Umkreis von 5 Kilometern rund um die Chemiefabrik, die als Verursacher für die PFAS- und PFOS-Verunreinigung von Erde und Grundwasser verantwortlich gemacht wird. Und wer in diesem Umkreis wohnt, der kann jetzt sein Blut auf diese Schadstoffe untersuchen lassen.
„Auf diese Weise können sich die Leute ein Bild von der Bloßstellung machen, die sie jahrelang aufgebaut haben“, so Joris Moenens von der Agentur für Pflege und Gesundheit dazu gegenüber VRT NWS: „Wir können nicht sagen, welche Werte zu welchen Gesundheitseffekten führen. Ob und wann jemand Probleme dadurch bekommen kann, ist aus unseren Untersuchungen nicht abzuleiten. Es kann die Menschen aber dazu bringen, sich an die geltenden Vorsichtsmaßnahmen zu halten.“
Betroffen sind die Bewohner der Ortschaft Zwijndrecht, einiger Teilgemeinden von Beveren und einige Anwohner von bestimmten Gegenden in Kruibeke und im Antwerpener „Linken Ufer“. Man kann sich für eine solche Blutuntersuchung online bei der Gesundheitsagentur anmelden, so Moenens. Doch es könne qber einige Jahre dauern, bis jeder Betroffene untersucht werden konnte und bis die entsprechenden Analysen und Studien vorliegen.
Zur Vorgeschichte
Nach ersten Vermutungen im April explodierte die Bombe im PFOS-Skandal im Juni 2021, als bei den Oosterweel-Bauarbeiten Abraum abgegraben wurde, der hochgradig mit dem chemischen Produkt PFOS verseucht war.
Die kontaminierte Erde kam aus dem US-Chemiewerk 3M in Zwijndrecht und war dort mehr schlecht als recht abgelagert worden. PFOS ist ein Nebenprodukt, das zur PFAS-Familie gehört. Dies ist eine Bezeichnung für chemische Produkte bzw. Kunststoffe, die sich in der Natur nicht auflösen und die deshalb auch „forever chemicals“ genannt werden.
In den Wochen und Monaten danach wurde immer deutlicher, dass die Behörden und die flämische Landesregierung bereits seit etwa 2017 wussten, dass sich in Zwijndrecht hochgradig verseuchter Abraum befand, doch dazu wurde jede Kommunikation verhindert. Inzwischen wurden schon mehrmals Arbeiten an Oosterweel-Baustellen wegen PFOS unterbrochen und an einigen Stellen wurde bereits mit der Bodensanierung begonnen. In diesem Fall sind mehrere Klagen sowohl gegen 3M, als auch gegen die flämische Landesregierung anhängig.
Das 3M-Management wurde bereits einige Male vor den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zitiert und steht auch bei der flämischen Landesregierung schwer in der Kritik. 3M will 150 Mio. € in die Sanierung der verseuchten Böden in der Antwerpener Region stecken, doch nach Ansicht der flämischen Landesregierung könne das nur ein Anfang sein.