Premier De Croo plädiert in Berlin für eine neue Finanzierung und eine weitere Einigung Europas

Der Krieg in der Ukraine und die russische Bedrohung müssen die Europäische Union dazu bringen, sich zu erneuern und dies auf drei Ebenen: Verteidigung, Energie und Erweiterung. Dies sagte Belgiens Premierminister Alexander De Croo (Open VLD) anlässlich des Europatags bei der liberalen Friedrich Naumann-Stiftung in Berlin. De Croo befindet sich seit Montag zu einem zweitägigen Besuch in Berlin zu bilateralen Gesprächen. Dabei wird er am Dienstag auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) treffen. 

Europa brauche eine neue Finanzierung, um die Energiepreise wieder bezahlbar zu machen, so De Croo am Europatag bei der Friedrich Naumann-Stiftung in Berlin. Dabei empfahl er das Beispiel des gemeinsamen Schuldenplans, den die EU zur Finanzierung des Aufschwungs nach Corona erarbeitet hatte. Und Europa solle in dieser Frage mehr auf sich schauen, „statt unsere fossilen Brennstoffe bei Autokraten zu kaufen, sollten wir unsere Energie gemeinsam ankaufen und auch untereinander verkaufen.“ 

Stichworte Wasserstoff und Kernkraft

Premier De Croo plädiert denn auch für umfangreiche Investitionen in Energie in der EU und er ist der Ansicht, dass Deutschland, die Niederlande und Belgien in Sachen nachhaltigem Wasserstoff Vorbilder sind, doch man müsse auch „gemeinsam an der Entwicklung von Kernenergie ohne Abfall arbeiten.“ Deutschland macht sich bekanntlich große Sorgen darüber, dass Belgien die beiden jüngsten Meiler seiner AKW 10 Jahre länger am Netz halten will und den Atomausstieg damit auf 2035 verschoben hat. 

Verteidigung und Erweiterung

Auf Ebene der Verteidigung wünscht sich De Croo ein Europa, „dass der Welt gegenüber offen ist, ohne jedoch naiv zu sein.“ Die EU solle „einen militärisch-industriellen Block“ bilden, um neben den USA in der Nato eine zweite Säule zu werden.

Der liberale belgische Premierminister stellte infolge des Krieges in der Ukraine aber auch fest, dass sich eine weitere Erweiterung der EU anbahne (Ukraine, Moldawien, der westliche Balkan…). Dies sei allerdings mehr als nur eine Erweiterung, sondern eher eine „Einigung Europas“. 

Es müsse ein Weg gefunden werden, so De Croo, Ländern zu ermöglichen, „schneller an die EU heranzukommen“. In dem man ihnen möglich mache, „sich an bestimmte EU-Einrichtungen anzuhängen“, könnten deren Bürger schneller die Vorteile der europäischen Demokratie und des Einheitsmarktes genießen.

Zum Thema Verteidigung sagte Premier De Croo konkret (Video unten in englischer Sprache): „Die USA haben vier Arten Kriegsschiffe. Europa hat 30. Das gleiche gilt für Panzer und für Flugzeuge. Diese Zersplitterung schwächt unsere Verteidigungsbudgets. Wir müssen das abschaffen. Wir sollten auch an einer starken europäischen Verteidigungsindustrie arbeiten, die es mit der Konkurrenz mit den Weltmarktführern aufnehmen kann.“

(Lesen Sie bitte unter dem Video weiter)

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Treffen mit Steinmeier: Deutliche Botschaft

Bei seinem Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf Schloss Bellevue in Berlin sagte der belgische Premierminister am Montag, dass unser Land Deutschland brauche: „Denn wenn Deutschland seine Flügel ausbreitet, kann Europa fliegen. Nicht nur wegen seiner Größe und seiner Position in der EU, sondern auch wegen seines tiefen Verständnisses von Ost und West, seiner robusten Demokratie und seines soliden Rechtstaates, den es seit 1945 aufgebaut hat.“ 

Am Dienstag besuchte Premierminister De Croo auch das Jüdische Museum in Berlin (Video unten).   

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