Werden die Städte zu teuer? In Flandern und Brüssel zieht es auch viele Einwanderer an den Stadtrand
Viele Brüsseler und Flamen mit Migrationshintergrund verlassen die Stadt, um sich in der Peripherie oder in kleineren Städten und Ortschaften in der Umgebung niederzulassen. Dies ist aus dem aktuellen „Atlas Superdiversität Flandern“ ersichtlich. Am deutlichsten ist diese Art der Stadtflucht in der belgischen Hauptstadt Brüssel festzustellen.
In Brüssel zeigt sich dazu ein sehr diverses Bild. Während sich am Ostrand der Hauptstadt eher Europäer aus westlichen Ländern, zumeist EU-Expats oder Mitarbeiter von internationalen Unternehmen, niederlassen, lassen sich am Westrand mehr Einwanderer aus Osteuropa oder aus Ländern nieder, die nicht zur Europäischen Union gehören. In der Provinz Limburg ist dies z.B. auch der Fall, wo Einwandererfamilien die größeren Städte Hasselt oder die ehemalige Bergbaustadt Genk verlassen, um in umliegende Kleinstädte zu ziehen.
Flamen mit Migrationshintergrund wohnen im Umland der Städte eher in Viertel und Ortsteilen mit weniger Grünflächen und sie leben in erster Linie in einfachen Reihenhäusern, wie Professor Dirk Geldof von der Odisee-Hochschule in Brüssel und der Universität Antwerpen dazu sagt: „Eigentlich sehen wir, dass je diverser eine Umgebung ist, desto häufiger findet man kleinere Wohnungen oder ältere Häuser, in denen die Einwanderer leben. Sie sind auch eher in Gegenden zu finden, in denen es weniger Grünflächen gibt.“
Neue Dynamik erforderlich
Dies, so Professor Geldof, sei problematisch, „denn in solchen diversen Vierteln wohnen eher junge Familien mit Kindern, die dann ausgerechnet in solchen Wohngegenden landen, in denen es am wenigsten Parks und Grünflächen gibt.“ Geldof nennt einen Grund für diese Stadtflucht: „Die Stadt wird unbezahlbar.“
Der „Atlas Superdiversität Flandern“, den die Odisse-Hochschule Brüssel und die Universität Löwen (KU Leuven) seit 30 Jahren im Auftrag der flämischen Landesregierung erstellen, rät den lokalen Behörden dazu, sich auf die neue Dynamik durch die Immigranten einzulassen. Professor Geldof erklärt: „Diese neuen Bewohner haben nämlich neue räumliche und soziale Nöte. Das geht von Spiel-, Sport- und Begegnungsräumen über andere Arten von Geschäften bis hin zu zusätzlichen Kapazitäten in Schulen oder Gebetsräumen. Auch bezahlbare Wohnungen sind unerlässlich.“
Wer ist Dirk Geldof?
Professor Dirk Geldof ist übrigens Autor des Referenzbuches „Superdiversity in the Heart of Europe“, erschienen 2016 im Verlag Acco in Löwen (ISBN 978-94-6292-428-4). Das in Englisch erschienene Buch basiert auf der These, dass das 21. Jahrhundert die Zeit der Superdiversität ist. Aufgrund demographischer Entwicklungen stellt der Autor dar, dass die ethnisch-kulturelle Vielfalt in Europa weiter anwächst, selbst wenn eine künftige Migration eingeschränkt wird.
Dirk Geldof ist Dozent für Soziologie an der Fakultät für Designwissenschaften an der Universität Antwerpen. Er ist auch Dozent für Soziologie & Gesellschaft und Forscher am Hochschulinstitut für Familienwissenschaften an der Odisee-Hochschule in Brüssel und Dozent zum Thema „Diversity, Armut und Stadt“ und „Migration“ im Studiengang Arbeit uns Soziales Arbeit am Karel de Grote University College der Antwerpener Universität (UAntwerpen).