Antwerpen verpflichtet die Arenberg-Schauburg dazu, multikulturelle Fotos abzuhängen und durch klassische Gemälde zu ersetzen

Die Stadtverwaltung von Antwerpen hat beschlossen, dass die Arenberg-Schauburg - eine kommunale Kultureinrichtung - vier multikulturelle Fotos aus dem Treppenhaus entfernen muss, um diese durch die vier klassischen Gemälde, die vorher dort hingen, wieder zu ersetzen. Dieser Vorgang stößt auf Kritik und führte bereits zum Rücktritt des Direktors der Schauburg. Inzwischen wird Kritik an der Vorgehensweise von Antwerpens Kulturschöffin Nabilla Ait Daoud laut und zwar sowohl aus der Politik, als auch aus der Kulturwelt. 

Seit November 2022 hingen im Treppenhaus der Arenberg-Schauburg in Antwerpen vier multikulturelle Fotos des international renommierten jungen Fotografen Mous Lambarat. Eines dieser Fotos, die nach der Renovierung des Theaters dort aufgehängt wurden, zeigt eine Frau mit einem Kopftuch.

Doch die Antwerpener Kulturschöffin Nabilla Ait Daoud von den flämischen Nationaldemokraten N-VA verfügte jetzt, dass diese Fotos abgehängt und durch jene vier klassischen Gemälde aus dem 19. Jahrhundert, die dort davor hingen, wieder ersetzt werden. Die Fotos sollen an anderer Stelle in dem Gebäude aufgehängt werden. Die Kulturschöffin reagierte damit auf einen Aufruf von ihrem N-VA-Parteikollegen, dem Provinzialabgeordneten Luk Lemmens.

Cancel-Kultur? Woke-Kultur?

„Ich hatte dem Verwaltungsrat dieser kulturellen Einrichtung der Stadt Antwerpen dazu in der Tat schon einige Fragen gestellt. Es ist nicht mehr als korrekt, dass diese Gemälde jetzt wieder zurück an ihren ursprünglichen Platz gehängt werden. Warum mussten die umgehängt werden? Im Arenberg ist Platz genug.“

Ait Daoud warf der Direktion der Arenberg-Schauburg „Cancel-Kultur“ vor und kritisierte, dass das Umhängen von klassischen flämischen Kunstwerken eine politische Entscheidung sei, die man dort nicht habe fällen dürfen. N-VA-Parteikollege Luk Lemmens ging noch weiter und war der Direktion des Hauses vor, dass man mit solchen Vorgängen versuche, „unter dem Einfluss der Woke-Kultur“ die Geschichte auszuwischen. Er habe nichts gegen Diversität, so Lemmens, „denn wir leben in einer Stadt, die enorm divers ist, doch wir sollten stolz auf unsere Geschichte sein.“ 

"Der flämische Canon ist wichtiger als Diversität"

Offenbar schwelt der Streit um diese „Bildergeschichte“ schon länger, denn der Direktor der Arenberg-Schauburg, Milan Rutten, führte diese Angelegenheit als einen der Gründe an, aus denen er im Februar aus seinem Amt zurücktrat.  

Niel Staes von den flämischen oppositionellen Grünen (Groen) im Rathaus von Antwerpen reagierte enttäuscht auf diesen Vorgang: „Das ist eine typische Entscheidung der Antwerpener Stadtverwaltung. Der flämische Canon ist für die N-VA wichtiger als Diversität und als das freie Wort. Die alte Kunst ist wichtiger als Chancen für junge Künstler, die wieder einen Schritt zurücksetzen müssen.“ Staes kündigte an, Kulturschöffin Ait Daoud diesbezüglich bei der nächsten Stadtratssitzung dazu zu befragen.  

(Lesen Sie bitte unter dem Foto weiter)

Weitere Kritik

Inzwischen kritisieren auch die Koalitionspartner von N-VA in Antwerpen die Anordnung der Kulturschöffin. Sowohl die Sozialisten von Vooruit, als auch die liberale Open VLD werfen den Nationaldemokraten mit „veralteten Denkschemen“ vorzugehen und auch von „Antipolitik“ in Zusammenhang mit „Profilierungsdrang“ ist hier die Rede.

Der flämische Theatermacher Michael De Cock, der aktuell die Königliche Flämische Schauburg (KVS) in Brüssel leitet, sagte dazu, dass Kulturhäuser in Flandern zu Pfarrsälchen würden, wenn das so weitergehe: „Hierbei handelt es sich um politischen Druck und um Unvermögen, während die Kulturhäuser international Bekanntheit und Anziehungskraft haben. Sie haben Generationen von Theaterleuten hervorgebracht, die noch stets inspirierend arbeiten. Diese reiche Tradition müssen wir vor allem bewahren und weiterführen.“ 

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